Digital Markets Act: Bündnis fordert Nachbesserungen beim DMA
Sehr geehrte Damen und Herren,
bereits seit Längerem beobachten wir mit Sorge die übergroße Macht von digitalen Plattformen, wie Google, Facebook, Amazon, Apple und Co. Sie kontrollieren zentrale Bereiche der digitalen Wirtschaft.
Ihre ökonomische Macht und ihre intensive Lobby- und PR-Arbeit verleiht ihnen großen politischen Einfluss, den sie auch dafür einsetzen, wirksame Regulierung abzuwenden. Wir sehen diese Machtkonzentration auch als grundlegendes Demokratie-Problem. Als zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich kritisch mit dem Einfluss von großen digitalen Plattformen beschäftigen, begrüßen wir deshalb die Initiative der EU- Kommission zum Digital Markets Act (DMA).
Die darin enthaltenen Ansätze für Ex-Ante Regulierungen gehen aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Wir freuen uns über Artikel 5 und 6, denn sie zeigen, dass die EU- Kommission durchaus weitreichende Instrumentarien schaffen will.
Zwei Beispiele für Regelungen, die wir begrüßen, bei denen wir aber auch Umsetzungsprobleme bzw. Nachbesserungsbedarf sehen:
Art. 5a: Das Verbot der Zusammenführung von personenbezogenen Daten in ist sehr begrüßenswert. Kritisch sehen wir hier aber die Hintertür für eine Umgehung durch die Einwilligung der Endnutzer. Es muss sichergestellt werden, dass Gatekeeper die Zustimmung nicht auf unfairen, manipulativen Wegen einholen können. Artikel 11 (Umgehungsverbot) müsste z.B durch eine Fairness-by-Design- Pflicht entsprechend ergänzt werden.
Art. 6f: Es ist nicht ausreichend, dass sich die Verpflichtung zu fairem Zugang und Interoperabilität nur auf Nebendienstleistungen von Plattformen erstreckt. Letztlich könnte sich diese Regelung sogar als schädlich erweisen, da Plattformen so nur attraktiver für gewerbliche Nutzer, nicht aber geöffnet werden. Erst wenn der Zugang zu und die Interoperabilität auch für zentrale Plattformdienste gemäß Artikel 2 (2) gewährleistet wird, können sich Alternativen zu den bestehenden Plattformen entwickeln.
Weiterhin sind eine ausreichende Personalausstattung und zügige Verfahren in unseren Augen entscheidend für den Durchgriffserfolg des DMA. Die vorgesehenen 80 Vollzeitstellen werden von uns aber als zu knapp bemessen angesehen – insbesondere angesichts der streitbaren Anwaltskanzleien, die von den großen Tech-Konzernen beauftragt werden, in ihrem Sinne Druck auszuüben.
Artikel 12 verpflichtet die Gatekeeper zur Mitteilung aller beabsichtigten Zusammenschlüsse im Sinne der EU-Fusionskontrollverordnung. Das allein verhindert allerdings keine Killer-Akquisitionen (z.B. Facebook/Instagram/Whatsapp) oder eine übermäßige Konzentration von Daten (Google/Fitbit). Es sollten deshalb Maßnahmen verabschiedet werden, mit denen die EU-Kommission oder nationale Wettbewerbsbehörden solche Killer-Akquisitionen effektiv unterbinden können.
Der DMA setzt sehr stark auf verhaltensbezogenen Maßnahmen. Dass Gatekeeper nach Artikel 16 (3) fünf Jahre lang systematisch gegen die DMA-Verpflichtungen verstoßen können, bevor Abhilfemaßnahmen zum Zuge kommen, ist aus unserer Sicht vollkommen inakzeptabel. Aus unserer Sicht wird Fehlverhalten hier zu nachgiebig behandelt. Die Fristen sollten hier deutlich verkürzt werden, und zwar sowohl aufseiten der Gatekeeper wie auf Seiten der EU-Kommission. Andernfalls kommt es zu jahrelangen Verfahren. Diese Verfahren sollten zudem nicht nur zwischen Gatekeepern und der EU-Kommission stattfinden, sondern auch weitere Akteuere, etwa von der Gatekeepermacht betroffene Unternehmen oder ExpertInnen aus der Zivilgesellschaft zulassen.
In Artikel 16 (2) wird zudem selbst bei systematischen Verstößen von Gatekeepern verhaltensbezogenen Abhilfemaßnahmen der Vorrang vor strukturellen Maßnahmen eingeräumt. Strukturelle Maßnahmen werden nur als letzte Möglichkeit angedeutet und nicht weiter ausgeführt und präzisiert. Wir sind überzeugt, dass strukturelle Ex-Post Maßnahmen im Kampf gegen Machtkonzentration im Tech-Sektor mehr in den Fokus genommen werden sollten. Man kann damit rechnen, dass die Gatekeeper versuchen werden, die ex-ante Regeln zu ihren Gunsten auszulegen und nur lückenhaft umzusetzen. Gerade die große ökonomische und politische Macht macht eine Durchsetzung verhaltensbezogener Maßnahmen zu einer Herausforderung. Wir glauben deshalb, dass eine Kombination von ex-ante-Regeln und strukturellen Maßnahmen besser geeignet ist, das Problem der Monopolstellung von digitalen Plattformen in den Griff zu bekommen.
Auch die Federal Trade Commission in den USA bevorzugt strukturelle vor verhaltensbezogenen Maßnahmen und plädiert hier für einen “Clear cut”. Hier sehen wir die Chance für eine transatlantische Kooperation zur Beschränkung der Digital-Monopole. Die systematische Trennung von Geschäftsbereichen und die Entflechtung von Unternehmen könnten solche strukturelle Maßnahmen sein.
Für Fragen und weitere Diskussion stehen wir gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen,
Rena Tangens, padeluun – Digitalcourage e.V
Imke Dierßen – LobbyControl e.V.
Olivier Hoedeman – Corporate Europe Observatory
(Quelle: Digitalcourage)