Süßes Gift: Die Empörungskultur
Das geflügelte Wort Voltaires, das besagt, nicht mit dem Gegenüber einer Meinung zu sein, aber alles dafür tun zu wollen, dass es das Recht behielte, diese kundzutun, wird nicht umsonst in diesen Tagen immer wieder zitiert. Es hat, um gleich zur Sache zu kommen, eine bittere Aktualität. Denn das, was die mittlerweile als inquisitorischer Hexenhammer etablierte Empörungskultur leistet, hat mit den individuellen Freiheiten, die die bürgerliche Demokratie zu gewährleisten vorgibt, nichts zu tun. Obwohl auf der einen Seite von einer Individualisierung der Gesellschaft gesprochen wird, ist gerade das Recht, sich als Individuum zu entscheiden, als eine blasphemische Abart in Verruf gekommen.