Betrug mit Corona-Zahlen: „Es geschehen bei den Intensivstationen seltsame, unverständliche Dinge“
Seit Beginn der Pandemie warnen Politik und Krankenhäuser vor einer Überlastung der Intensivstationen. Ein Forscherteam um Matthias Schrappe legt nun ein brisantes Papier vor. Hier erklärt der Arzt und Ökonom, warum er daran zweifelt, dass „redlich gespielt“ wurde.
Hinter der Paywall gibt's das Interview mit Prof. Dr. Schrappe. Aber die Stellungnahme gibt's hier (Sicherungskopie). Das Thesenpapier findet Ihr hier (Sicherungskopie).
Sowohl in Bezug auf das Verhältnis von Intensivpflichtigkeit und Melderate (Intensiv-Melderaten-Quotient) als auch in Bezug auf das Verhältnis von intensivpflichtigen zu hospitalisierten Patienten (Quotient Intensivpflichtigkeit/Hospitalisierung) nimmt Deutschland eine Sonderstellung ein: in keinem Land werden im Vergleich zur Melderate so viel Infizierte intensivmedizinisch behandelt, und in keinem Land werden so viel hospitalisierte Infizierte auf Intensivstation behandelt. Diese Situation nimmt im Zeitverlauf sogar zu und muss dringend genauer untersucht werden (drohende Überversorgung). Die Datengrundlage ist auch hier äußerst widersprüchlich (z.B. mehr intensivpflichtige als hospitalisierte Patienten). […]
Auch bezüglich der gemeldeten Intensiv-Bettenzahlen ergeben sich schwerwiegende Zweifel an der Datengrundlage. In Abb. 11 ist blau die täglich vom RKI bzw. der DIVI gemeldeten zur Verfügung stehenden Bettenzahlen aufgetragen, so wie sie zur Berichterstattung und wahrscheinlich auch zur Finanzierung verwendet wurden. Wenn man die gleichen Zahlen jedoch aktuell (1.5.2021) aus dem DIVI-Archiv herunterlädt, erhält man die rote Linie, die deutlich niedrigere Werte für den gesamten Verlauf und besonders den Sommer 2020 ausweist. Wurden am 30.7.2020 vom RKI noch 33.367 Intensivbetten gemeldet, sind es jetzt für dieses Datum nur noch 30.340. Diese Diskrepanz blieb seitdem bis zum 2. März 2021 bestehen (danach Angleichung) und ist nicht mit einer veränderten Dokumentationsweise zu erklären. Entweder ist in der Vergangenheit aus noch zu klärenden Gründen falsch gezählt worden, oder es hat eine nachträgliche „Korrektur“ der Zahlen gegeben, die ebenfalls erklärungsbedürftig wäre (natürlich ist theoretisch auch ein gezielter Bettenabbau möglich). In jedem Fall stellt sich die Frage, wie es im Nachhinein zu einer Differenz von knapp 3.000 gemeldeten Betten kommen kann, was etwa einem Drittel aller Intensivbetten Frankreichs entspricht oder dem Dreifachen der Kapazität, über die Schweden insgesamt verfügt. Es wäre weiterhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang Freihaltepauschalen für diese Betten geflossen sind, und inwiefern hier die insgesamt 530 Mio. € Investitionspauschalen für die Neuschaffung von Intensivbetten abgerufen und geflossen sind (s. Kap. 4).