Man kann aus dem Begriff des “Verschwörungsglaubens” philosophisch keinen Honig saugen
Es ist ja nichts drin. Es ist nur ein billiger Kampfbegriff als Ersatz für “Ketzerei”, vorgetragen von Gläubigen, die die Dogmen der Mächtigen als Inquisition gegen Ungläubige verteidigen.
“Verschwörungsmythen” sind Aussagen, die im Widerspruch zu den von den Massenmedien verbreiteten Lügengeschichtchen stehen; “Verschwörungsmythen” verbreitet, wer nicht glauben will, dass ein siebenjähriges arabisches Mädchen in Aleppo in perfektem britischem Englisch live aus dem Kriegsgebiet twittert. “Verschörungstheoretiker” ist, wer nicht glauben mag, dass am gefährlichsten chemischen Kampfstoff aller Zeiten nie eines der Opfer stirbt, und alle Menschen in der Umgebung des vermeintlichen Einsatzes nicht einmal Husten müssen. “Verschwörungsglauben” hat angeblich, wer die Stirn runzelt, dass bei zwei Flugzeugen drei Hochhäuser zusammen fallen, während der Einsturz des Dritten ohne Flugzeug auch noch genau wie eine Bilderbuchgebäudesprengung aussieht.
Vom Vorwurf des Verschwörungstheoretikers wird dagegen inzwischen nachträglich freigesprochen, wer nicht mehr an den Tonkin-Zwischenfall, nicht mehr an die toten Babies in den Brutkästen in Kuwait und nicht mehr an die Massenvernichtungswaffen im Irak glaubt. Allerdings erfolgte der Freispruch erst dann, als Fakten geschaffen waren aufgrund dieser Lügen und Hunderttausende bereits tot.
Wer nicht kapieren mag, dass in der Politik regelmässig gelogen wird, dass sich die Balken biegen, der wird halt auf den Arm genommen. Für die anderen gibt es die Inquisitoren, die Untertanen, die in vorauseilendem Gehorsam “debunken” und “Verschwörungstheoretiker” mit Rufmord überziehen und jagen. Sie sind Teil des Machtsystems, das in seiner Wirkung zweifelsfrei alles Vermögen weg von der Mehrheit hin zu den Oligarchen überträgt.
Aber schon, wenn man für diese trivial feststellbare Tatsache als Grund überlegt, dass sie zumindest im Interesse jener Oligarchen liegt, denen auch genau jene Massenmedien gehören, die regelmässig (und nicht etwa ausnahmsweise) bei offensichtlichen Lügengeschichten erwischt werden, die sie teils über Monate oder sogar Jahre aufrecht erhalten – nämlich immer solange politisch notwendig und hilfreich –, betritt man selbst den Kreis der “Verschwörungsmystiker”.
Denn die herrschende Meinung ist immer Meinung der Herrschenden. Das ist trivial, weil politische Macht ja gerade in ihrer Substanz der Glaube der Menschen ist. Es geht also gar nicht anders, als dass die Glaubensgrundsätze der Mehrheit die der Erzählung der Mächtigen darstellen, sonst wären jene nicht mächtig.
“Verschwörungstheoretiker” und die verwandten gleichbedeutenden Begriffe wie “Verschwörungsmystiker”, “Verschwörungserzählungen Verbreitender” oder auch ganz einfach “Schwurbler” bedeutet also nichts anderes als Ketzer. Und ein Ketzer ist jemand, der den Glauben der Mehrheit nicht teilen möchte, sondern in Zweifel zieht.
Dass so viel über Ketzerei gesprochen wird, zeigt vor allem eins: die Aufklärung ist ins Hintertreffen geraten. Die Hexenjäger haben längst wieder das Feld übernommen, und bekämpfen alles, was ihren Herren gefährlich werden könnte. Meinungsfreiheit und offener Diskurs sind ihnen völlig fremd, ja sie lehnen schon das Konzept, dass man nicht einfach glauben mag, was (teils offen faktenwidrig) behauptet wird, mit emotionaler Schärfe und Furor ab.
Ideale Bedingungen für die von Habermas vorhergesagte Refeudalisierung. Die Oligarchen freut's. Denn Verdummung und Verrohung sind notwendig für das Beenden der freiheitlichen Demokratien. Die Menschenrechte und vor allem ihre Ausprägung als Abwehrrechte gegen den Staat, die Bürgerrechte müssen weg. Jede Ausrede ist da recht, dieselben ausser Kraft zu setzen und schliesslich abzuschaffen.
Fürst ist nur, wer uneingeschränkt herrschen kann.