Wenn Inseln in Europa zu Gefängnissen werden
«Nie wieder Moria» war ein guter Slogan. Und er war nicht mehr als das. Moria 2 nennen die Bewohner*innen das neue Lager und sagen: Es ist noch schlimmer als das erste. In Moria 1, einer ehemaligen Kaserne auf der griechischen Insel Lesbos, die 2015 von der EU zum Hotspot, zur Erstaufnahmestelle für Asylsuchende erklärt wurde, waren zwischenzeitlich 20.000 Menschen auf ein Areal für 2.000 gesperrt, Krankheiten konnten sich ungehindert ausbreiten. An der Essensausgabe, bei den Toiletten und den Duschen musste man ewig anstehen und dann war meist das Wasser weg. Es gab keine Spielmöglichkeiten, keine Schule, keine medizinische Versorgung, keine Intimsphäre – nur Verzweiflung.
Moria 2 macht die Menschen noch kaputter. Moria 2 ist eine Zeltstadt direkt am Meer, errichtet auf einem alten Schießplatz, dessen Boden mit Blei und anderen Schwermetallen kontaminiert ist. Diesen Boden bedecken auch im Inneren der Zelte nur ein paar Planen und darauf hausen mehr als 7.300 Menschen. Wenn es regnet und stürmt, tritt das Meer über die Ufer und spült den Schlamm bis in die Betten, bis auch das letzte Stück Stoff durchnässt ist. Es gibt keine Heizung, kein fließendes, geschweige denn warmes Wasser. Die Menschen waschen sich und ihre Kleider im eisigen Meer und das Brot, das sie bekommen, ist oft schon schimmelig. Das zeigen die Menschen, die hier eingesperrt sind, auf ihren Twitter-Accounts. Von der Dokumentation der Zustände in Moria 2 können auch die 300 Polizist*innen sie nicht abhalten, die das Gelände durchweg bewachen, und auch nicht die Drohnen, die über den Köpfen der Menschen kreisen. NGO-Mitarbeiter*innen dürfen das Lager nur betreten, wenn sie eine Erklärung unterzeichnen, keine Informationen nach draußen zu tragen. Aber die Bilder verbreiten sich trotzdem.