Wahrhaftigkeit ist das, was den Medien zunehmend fehlt
Wer die Wahrheit sagen möchte, muss sie erst einmal kennen. Sie muss ihm bewusst sein. Sonst kann er sie nur unfreiwillig sagen. Das ist oftmals zuviel verlangt von Journalisten und anderen Medienschaffenden, dass sie immer die Wahrheit kennen.
Zu sagen, was man für wahr hält, nennt man Wahrhaftigkeit. Das beinhaltet aber, darüber nicht zu sprechen, wovon man nicht glaubt, die Wahrheit zu kennen, oder dazu zu sagen, dass man sie nicht kennt, wenn man sie nicht kennt, und dann die Möglichkeiten gleichermassen darzustellen.
Was den Medien zunehmend fehlt, ist genau solche Wahrhaftigkeit: wenn Journalisten genau wissen, dass es in der Ukraine eben gerade keine Freiwilligenverbände aus dem gesamten politischen Spektrum gibt, sondern im Wesentlichen nur rechtsextreme, dann fehlt hier die Wahrhaftigkeit. Wenn Journalisten nicht wissen, wer Chemiewaffen in Syrien eingesetzt hat, und sie den Aussagen der echten oder nur scheinbaren Experten nur entnehmen können, dass deren Argumentation nicht schlüssig ist, dann fehlt die Wahrhaftigkeit, wenn hier Tatsachen behauptet werden.
Ohne Wahrhaftigkeit verkommt Journalismus zur Propaganda. Mit Wahrhaftigkeit bleibt er auch dort Journalismus, wo die Journalisten die Wahrheit auch nicht kennen.
Und letztendlich bleibt der investigative Journalismus der Dreh- und Angelpunkt für Wahrheitssuche. Denn das Wesen der Wahrhaftigkeit ist, die Wahrheit immer anzustreben.