Hiroshima als Zünder
Die Waffen, mit denen die damaligen Mittelstädte Hiroshima (damals 255.000 Einwohner) und Nagasaki (250.000 Einwohner) platt gemacht wurden, ersetzten im Wesentlichen das Flächenbombardement mit Spreng- und Brandbomben der Feuersturm-Technik. Dasselbe hatte der Brite Arthur Harris zuerst gegen Deutschland eingesetzt, und die US-Amerikaner Curtis LeMay und Robert McNamara hatten die Technik dann für das Bombardement japanischer Städte übernommen. Im Wesentlichen sah das Militär die Atombombe als schnelle und preiswerte Alternative zum Massenmord mittels Hunderten oder sogar Tausenden von Bombern. Entsprechend nennen Militärs solche Waffen dann auch “taktische Kernwaffen”.
Die Weiterentwicklung der Kernwaffen, das Teller-Ulam-Design (auch unter dem Namen “Wasserstoffbombe” bekannt), eignet sich jedoch aufgrund der Grössenordnung ihrer Sprengkraft kaum mehr für praktische militärische Anwendungen. Seit den Tests auf dem Bikini-Atoll ist klar, das mit einer solchen Waffe zwar Flächenvernichtungen geradezu apokalyptischen Ausmasses verursacht werden können, aber da diese Waffen sich in den Händen von gleich fünf Ländern befinden – es sind genau die ständigen Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat – kann zwar jedes dieser Länder die Vernichtung allen menschlichen Lebens auslösen, aber durch den Einsatz keine sinnvollen militärischen Ziele mehr erreichen: bei einem Krieg geht es immer um Profit. Die Zerstörung ist nur Mittel zum Zweck. Um dem Leser einen Eindruck über die Sprengkraft zu geben, über die hier gesprochen wird: eine Hiroshima-Bombe dient in jedem Fusions-Sprengkopf dieser Bauart als Zünder. Wird nur eine Explosion wie in Hiroshima oder Nagasaki erzeugt, muss von einem Blindgänger gesprochen werden. Da sich solche Atomwaffen nur noch als Spielfiguren auf dem Schachbrett eignen, nennen sie die Militärs auch “strategische Kernwaffen”.
Es ist für die Militärs dieser Erde, die ja ständig Kriege mit Hunderttausenden bis Millionen von Toten führen, nun schon seit langem ein Dorn im Auge, dass Kernwaffen einen solch schlechten Ruf in der Öffentlichkeit besitzen. Menschenleben in sechs- bis siebenstelliger Zahl zu vernichten, ist für sie dadurch eine überflüssig teure und aufwändige Arbeit, die um so vieles leichter und einfacher zu erledigen wäre, wäre der Einsatz von taktischen Kernwaffen politisch darstellbar. Und deshalb wird seit langem daran gearbeitet, dass das Massenmorden auch mit solchen Waffen wieder gesellschaftlich akzeptiert wird.
Es sieht derzeit gut für die Militärs aus, die das wollen. Denn mit dem Bewerben des Massenmordes in Irak (eine Million Tote), Libyen (ca. 250'000 Tote) oder auch Syrien (bisher ca. 400'000 Tote) und der gesellschaftlichen Akzeptanz dafür (in Syrien arbeitet ja auch die Deutsche Bundeswehr wieder beim Massenmord mit), fallen immer mehr Tabus, und der Massenmord wird wieder hoffähig. Die Kriegspropaganda der Qualitätsmedien tut hier ihre Wirkung. Es wird nicht mehr lange gehen, und taktische Kernwaffen werden den Krieg – ähnlich wie der Einsatz von Drohnen und Kampfrobotern – besser und preisgünstiger führbar machen, und das Vernichten von Menschen um so vieles einfacher.