Aus dem Lexikon: Nationalsozialistischer Untergrund
Im Juli 2012 wurde bekannt, dass zwei Polizisten aus Kiesewetters Umfeld zuvor Mitglieder bei der Ku-Klux-Klan-Gruppe European White Knights of the Ku Klux Klan (EWK KKK) gewesen waren. Die Behörden dementierten Hinweise auf eine Verbindung zum NSU, obwohl V-Mann „Corelli“ Kontakt sowohl zum NSU als auch zum EWK KKK hatte. Ein Aussteiger aus der rechtsextremen Szene, der im August 2011 behauptete, er kenne die Mörder Kiesewetters, wurde am Tag seiner geplanten Befragung durch das Landeskriminalamt 2013 tot aufgefunden; es wird von einem Suizid ausgegangen. Unweit des Tatorts sollen sich am Tattag mehrere Geheimdienstagenten befunden haben, was zu Spekulationen über eine Beteiligung Kiesewetters an Anti-Terror-Maßnahmen geführt hat. Die Umstände des Mordes sind weiterhin ungeklärt und haben sowohl den ersten als auch den zweiten NSU-Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags beschäftigt. […] In einer Sitzung des Untersuchungsausschusses im Bundestag im Juni 2012 wurde bekannt, dass am 11. November 2011 im Kölner Hauptsitz des Bundesamtes für Verfassungsschutz die zuvor von dem Generalbundesanwalt angeforderten Akten zur Operation Rennsteig vernichtet wurden. Anschließend wurde die Aktenvernichtung vom Referatsleiter offenbar auf den Januar 2011 zurückdatiert.Bei weiteren Behörden wurden Dokumente mit NSU-Bezug zerstört, darunter V-Mann-Akten bei verschiedenen Landesbehörden für Verfassungsschutz. Im Dezember 2013 geriet die Staatsanwaltschaft Chemnitz in den Verdacht der Urkundenunterdrückung und der versuchten Strafvereitelung im Amt, als bekannt wurde, dass dort die Akten zum ersten NSU-Raubüberfall vom 18. Dezember 1998 vorzeitig im Jahr 2006 vernichtet worden waren, die Staatsanwaltschaft Görlitz stellte aber die Ermittlungen ergebnislos ein. Die Bundesanwaltschaft ließ im Jahr 2014 das Notizbuch des Chemnitzer NSU-Helfers Jan Werner vernichten, was zu einer Strafanzeige von Nebenklägern im NSU-Prozess führte, die zuständige Staatsanwaltschaft aber keine Ermittlungen aufnehmen ließ. Im Frühjahr 2015 wurden beim Brandenburger Verfassungsschutz Akten mit Bezug zum V-Mann Carsten Szczepanski (Deckname „Piatto“) vernichtet, die Aufschluss über die mangelnde Kommunikation mit sächsischen Behörden in der Frühphase des Abtauchens des NSU-Trios hätten geben können.
(Quelle: Lexikon)