Lautes Schweigen
Dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags sind neue Informationen zur Anwesenheit von Geheimdiensten auf der Heilbronner Theresienwiese am Tag der Ermordung von Michèle Kiesewetter angeboten worden. Von einer Rechtsanwältin, die allerdings wichtige Auskünfte verweigerte.
Und sie zieht aus ihren so lange brachliegenden Kenntnissen eigene Schlüsse, bringt in einer Mail an den Ausschuss den Namen Mevlüt Kar ins Spiel, der am Tattag auf der Theresienwiese gewesen sein könnte. In ihrer Vernehmung rudert sie zurück, den Namen will sie nicht wiederholen. Mevlüt Kar ist türkischer Staatsbürger mit Geburtsort Ludwigshafen und gelernter Schweißer. Vorübergehend lebte er in Freiburg, inzwischen ist er wieder in der Türkei, sein Vater soll ein hohes Tier bei der Istanbuler Polizei sein. Er arbeitete als Spitzel für mehrere Seiten, saß vorübergehend in Haft. Im Sommer 2004 kam er in Istanbul in Kontakt mit Fritz Martin Gelowicz, ein Jahr später mit Attila Selek – beide hat der Ausschuss schon als Zeugen gehört. Eine Terrorzelle wurde aus der Taufe gehoben, später bekannt als “Sauerland-Gruppe”, ein Trio, das Anschläge in Deutschland plante, aber aufflog, bevor man zur Tat schreiten konnte. […]
Dokumentiert ist auch die Übergabe dieser Zünder. Sechs davon, die Kar aus dem Kosovo besorgt hatte, sollen am 3. August 2007 in Mannheim an Fritz Gelowicz übergeben worden sein, die restlichen am 26. August 2007 in Braunschweig. Gelowicz und Selek haben dies dem Ausschuss im Zeugenstand bestätigt. Dass Ricarda Lang jetzt trotzdem wieder die Theresienwiese und den Kiesewetter-Mord ins Spiel brachte, hängt unter anderem mit “Stern”-Veröffentlichungen aus dem Jahr 2011 zusammen. Dem Magazin waren bis heute umstrittene Unterlagen zugespielt worden, nach denen sich Mevlüt Kar am Tattag in Heilbronn aufhielt, und die seine Überwachung durch nur zwei US-Beamte und zwei Verfassungsschützer aus Bayern oder Baden-Württemberg belegen lässt. Während die vier Männer Mevlüt K. beobachteten, seien sie Zeugen der Bluttat geworden, heißt es auch in dem von Andreas Förster herausgegebenen, 2014 erschienenen Buch “Geheimsache NSU”.