Deutschlands Kriegsbilanz (III)
Fünf Jahre nach den NATO-Angriffen auf Libyen rechnet ein Ausschuss des britischen Parlaments schonungslos mit dem Krieg und den angeblichen Kriegsursachen ab. Die Kernbegründung der im März 2011 gestarteten westlichen Intervention, Muammar al Gaddafi habe ein Massaker an der Bevölkerung von Benghazi geplant, das verhindert werden müsse, sei nicht mit belastbaren Argumenten zu belegen und vermutlich falsch, urteilt der Parlamentsausschuss unter Berufung auf international renommierte Experten. Tatsächlich hätten äußere Interessen die entscheidende Rolle gespielt. Über Frankreich etwa heißt es unter Berufung auf französische Geheimdienstoffiziere, es sei Präsident Nicolas Sarkozy um stärkeren Zugriff auf libysches Erdöl, größeren politischen Einfluss in Nordafrika und die Demonstration militärischer Macht gegangen. Der Zerfall des libyschen Staates und das Erstarken militanter Islamisten seien von Anfang an zu erwarten gewesen. Die Vorwürfe treffen auch Berlin: Während die Bundesregierung dem Krieg offiziell ihre Zustimmung verweigert hat – nicht zuletzt aus Gründen deutsch-französischer Rivalität –, hat sie sich an ihm mit der Entsendung von mehr als hundert deutschen Soldaten in die kriegführenden NATO-Hauptquartiere beteiligt. Der Krieg hat das Land ökonomisch, sozial und politisch in hohem Maße zerstört; Libyen steht vor dem Absturz in einen langandauernden, umfassenden Bürgerkrieg.
Den Bericht gibt's bei German Foreign Policy. Trotzdem läuft es für Deutschland seit der Wiederaufnahme der Kriegsführung bisher besser als im ersten und zweiten Weltkrieg – zunächst sieht in Deutschland selbst weiter alles ruhig aus. Das Morden findet woanders statt, weit weg. Die Heimatfront bleibt ruhig.