Riskante Überschüsse
Deutschland wird 2016 seinen höchsten Exportüberschuss seit je erzielen und mit einem Plus im Außenhandel von mehr als einer Viertelbillion Euro sämtliche anderen Länder der Welt weit in den Schatten stellen. Dies sagt das Münchner ifo-Institut voraus. Bereits im ersten Halbjahr 2016 konnten deutsche Firmen ein Außenhandelsplus von 142,6 Milliarden Euro verzeichnen, fast zehn Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2015. International werden die jüngsten deutschen Rekorde scharf kritisiert: Dauerhafte Exportüberschüsse führen in den Abnehmerländern häufig zu dauerhaften Außenhandelsdefiziten, die die betroffenen Staaten häufig tief in die Verschuldung treiben; aktuelle Beispiele sind die südlichen Eurostaaten, etwa Griechenland. Weil die Exportüberschüsse jedoch deutschen Firmen Wohlstand und Einfluss in der Weltwirtschaft sichern, kümmert Berlin sich nicht darum. Mittlerweile warnen allerdings erste Think-Tanks vor den Folgen. So rät beispielsweise die Bertelsmann-Stiftung zu einem vorsichtigen Kurswechsel: Ein Wachstumsmodell, das allzu stark auf Exporte fokussiere, gerate im Falle eines Absatzrückgangs in bedeutenden Abnehmerstaaten in die Krise. Tatsächlich gehen die deutschen Ausfuhren in Nicht-EU-Staaten bereits zurück, etwa wegen Schwierigkeiten in China und wegen der Russland-Sanktionen. Innerhalb der EU nehmen – aufgrund der Krise in der Eurozone – vor allem noch die Ausfuhren nach Großbritannien zu, das allerdings vor dem EU-Austritt steht – mit unklaren Folgen für deutsche Lieferanten.