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Zypern hat einen Kompromiss gefundenPatrick Breyer im Interview über Datenschutz, Transparenz und mehr Demokratie

Linke demonstrieren gegen oben, Rechte gegen unten

Das zeigen die Demonstrationen gegen die Gleichbehandlung von homosexuellen Lebenspartnerschaften in Paris deutlich. Es dürfte wohl bisher einmalig sein, dass über eine Million Menschen gegen etwas demonstrieren, was sie angeblich gar nicht betrifft. In Wirklichkeit geht es aber direkt um die Machtfrage.

Seit Jahrhunderten beherrschen die konservativen Christen die öffentliche Meinung, und mit ihr das Land. Jetzt werden sie am empfindlichsten Punkt getroffen: der Basis ihrer Macht.

Wer andere Menschen wirklich beherrschen will, muss sie in all ihren tiefsten Empfindungen, in ihren stärksten Gefühlen beherrschen. Deshalb besetzt die Kirche mit ihren Ritualen immer zuerst die grundlegenden Ereignisse einer jeden Biographie:

Geburt, Heirat, Tod.

Aber so kann man Menschen nur wesentlich beeinflussen, nicht jedoch auf Dauer auch zwischen diesen Ereignissen beherrschen. Herrschaft bedeutet, dass man das Verhalten anderer Menschen erzwingt. Und was könnte da mächtiger sein, als sie in ihren ureigensten Trieben zu beherrschen? Setzt man eine solche Norm, so zwingt man alle, auf die die Norm nicht passt, in die Lüge – also fast alle, denn die Sexualität ist ein Gebiet, in dem Menschen vielfältig sind. Es ist das Kennzeichen einer jeden konservativen Gesellschaft, verlogen und bigottisch zu sein. Das ist kein unerwünschter Nebeneffekt, sondern das beabsichtigte Ziel: beinahe jeder weicht von der gesetzten Norm ab. Jeder steht unter Zwang, man hat im Zweifel gegen jeden etwas in der Hand, das ihn in der Gesellschaft wesentlich schwächen wenn nicht gar gesellschaftlich vernichten kann. Die Normierung der Sexualität ist das stärkste Mittel, das die Kirche aufzuweisen hat. Und es ist gleichzeitig ihre Achilles-Ferse.

Die Konservativen, die hier auf die Strasse gehen, haben insofern recht: wenn sie hier verlieren, verlieren sie die Machtposition zu definieren, wie sich alle anderen dauerhaft zu verhalten haben. Dann ist offensichtlich, dass nicht mehr ihre Ideologie setzt, was als richtig und falsch zu gelten hat. Der Liberalismus, der jedem das erlaubt, womit er anderen nicht schadet, ist der grösste Feind der Religion.

Wir haben es hier also mit einem Kulturkampf zu tun, mehr als 200 Jahre nach der französischen Revolution. Die Gewalt könnte noch zunehmen.

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