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“Ich schäme mich nicht nur heimlich”HTML 5 ist noch so ne Sache

Zugängliche Plattformen und offene Lizenzen für unsere Daten – Unterzeichne auch Du!

Den Standard endlich auf “Offen” setzen! – Offener Brief an das Bundesministerium des Innern

Die vom Bundesministerium des Innern (BMI) geplante Government-Data-Plattform trat an, "für Deutschland ein nachhaltiges Angebot an frei zugänglichen Verwaltungsdaten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und andere Verwaltungseinheiten" bereitzustellen.

Der Erfolg der Plattform und der Open-Government-(Data)-Strategie von Bund und Ländern hängt maßgeblich davon ab, daß Datensätze zugänglich gemacht werden, die für potentielle Nachnutzer interessant und relevant sind. Bis heute sind in Deutschland viele relevante Datensätze gar nicht oder nicht als offene Daten zugänglich. Diese Daten müssen im Sinne der zehn Prinzipen für offene Daten technisch und rechtlich offen sein, um die Nachnutzung auch zu kommerziellen Zwecken zu ermöglichen.

In dieser gemeinsamen Erklärung begründen mehr als zehn Vertreter der deutschen Open-Government-Community, warum die Plattform govdata.de in der jetzt vorgesehen Form nicht akzeptabel ist.

Die vor kurzem veröffentlichten Rechtemodelle für das Portal unr die bisherigen Einblicke in die Plattform zeigen einen Ansatz, der weder offen im Sinne der weltweit anerkannten Standards ist noch zeitgemäß oder effektiv im Hinblick auf Umsetzung, Usability und Sicherheit. Auch ist bisher nicht ersichtlich, wie man gedenkt, eine Nachnutzung der Daten aktiv zu fördern und so eine Community rund um das Datenangebot zur Nachnutzung zu motivieren. Es besteht noch enormer Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen.

Das vorgeschlagene Lizenzmodell ist eine Insellösung!

Auch wenn das vorgeschlagene Lizenzmodell in seiner Einfachheit besser als das völlig unbrauchbare GeoLizenzen-Modell ist, erschwert es dennoch über die Maßen die Verbreitung, Weiternutzung und Verschränkung der Daten. Anstatt auf international etablierte offene Lizenzmodelle zurückzugreifen wird ein neues Modell "Marke Eigenbau" als Insellösung geschaffen, das für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgt. Daß entscheidende Begriffe wie "Quellenangabe" nicht bzw. nicht ausreichend definiert sind, hilft der Nachnutzung ebenfalls nicht.

Eine rechtliche Insellösung wie die hier gewählte bewirkt, daß für die betroffenen Daten andere rechtliche Vorgaben beachtet werden müssen als für zahllose andere Datensammlungen weltweit, die sich an internationale Standards halten. Will man sich als Nachnutzer nicht bewußt in eine rechtliche Grauzone begegen, müssen also zusätzliche Vorgaben rechtlich analysiert werden, was die sogenannten "Transaktionskosten" erhöht und damit zahlreichen Nachnutzungsideen die Realisierbarkeit nimmt. Eine freie und offene Nutzung der mit Steuergeldern finanzierten Daten ist so nicht möglich, da die Daten gerade nicht einfach und ohne rechtlichen Abgleich mit anderen kombiniert werden können. Zwar wird "Big Data" gerne als Innovationsmotor im Munde geführt, Deutschland geht mit dem neuen Portal aber in Richtung Daten-Kleinstaaterei. Es wird ein nationaler, getrennter Datenpool geschaffen, dessen Nutzungsbedingungen nicht mit internationalen Standardlösungen kompatibel sind.

Den Standard auf "Offen" setzen und Ausnahmen öffentlich begründen!

Geschlossene Daten mögen in sensiblen Bereichen zu rechtfertigen sein, sie müssen aber die Ausnahme und nicht die Regel darstellen. Deshalb grenzt es an Irreführung, wenn der Begriff "Open Data" sowohl in der Fraunhofer-FOKUS-Studie als auch in den Ankündigungen des BMI hervorgehoben wird, solange es teilnehmenden datenhaltenden Stellen völlig freisteht, durch Wahl der nicht-kommerziellen Variante der Lizenz die kommerzielle Nachnutzung zu verbieten. Es steht zu befürchten, daß viele Behörden aus Bequemlichkeit diese Variante einer "Freigabe" wählen werden, womit alle betroffenen Daten gerade nicht offen lizenziert und somit eine Kombination mit offenen Daten rechtlich blockiert wird. Das Gegenteil sollte gelten: Staatliche Organe sollten begründen müssen, warum durch Steuergelder finanzierte Daten nicht für alle uneingeschränkt zur Nachnutzung bereitstehen. Das öffentliche Interesse an freiem Zugang zu staatlichen Informationen wiegt höher als das Gutdünken einzelner Behörden.

Warum ist das so wichtig? Nur wirklich offene Daten (http://www.opendefinition.org) können neben ihrem gesellschaftlichen Mehrwert auch gefahrlos in solchen Bereichen genutzt werden, bei denen nicht vollständig klar ist, ob es sich um kommerzielle Verwendungen handelt oder nicht. Gerade in den weltweiten Datennetzen ist diese Grauzone größer als die deutsche Politik wohl wahrhaben möchte. Freie Daten können denn auch als Wirtschaftsförderung verstanden werden, da sie ohne einen einzigen Euro an Subventionen einen enormen Schub an wirtschaftlichen Impulsen und Innovationen bedeuten können.

Was muß geschehen?

Der Erfolg der Plattform und der gesamten Open-Government-(Data)-Strategie des Bundes hängt maßgeblich von einer echten offenen Freigabe der Verwaltungsdaten ab. Bisher droht die Umsetzung dagegen vor allem zu einer inhaltlichen Entwertung des Begriffes "Open Government” zu führen und damit auch die Entwicklung zu offenem Regieren in Deutschland nachhaltig zu bremsen.

Deshalb fordern wir für die weitere Entwicklung von www.govdata.de:

  1. Datensätze als offene Daten (im Sinne der zehn Prinzipen für offene Daten) zugänglich zu machen, die für potentielle Nachnutzer interessant, relevant und tatsächlich nachnutzbar sind. Eine nicht-erschöpfende Liste solcher Datensätze siehe unten;

  2. Bekenntnis und Verpflichtung zu echtem Open Government (Data) und offenen Lizenzen (gemäß Open Definition) sowie Vermeidung von Datenveröffentlichungen ohne dokumentierte Nutzungsbedingungen;

  3. Vorgabe und Verpflichtung der Behörden, Daten standardmäßig offen zu lizenzieren und nicht-offene Daten nur in öffentlich begründeten Ausnahmefällen zuzulassen;

  4. Verzicht auf verwaltungsrechtliche Nutzungsgewährungen zugunsten zivilrechtlicher Standardlizenzen und damit zugleich Verzicht auf rechtliche Kontrolle bis hinunter zur einzelnen Dateneinheit;

  5. Erkennbare Ausrichtung darauf, die wertvollsten und nützlichsten Daten prioritär zu veröffentlichen und von der pro-forma-Veröffentlichung von "Schnarchdaten" abzusehen;

  6. Investitionen in Marketing und Kommunikation der Plattform als zentrale Anlaufstelle für öffentliche Daten;

  7. Einrichtung einer unabhängigen Clearingstelle als Anlauf- und Beschwerdestelle, die Weisungen und Rügen zur Veröffentlichung von Daten erteilen kann.

Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören, sondern weil diese sie verwaltet.

Verwaltungsdaten zu öffnen ist nur dann überhaupt von Nutzen, wenn eine Nachnutzung uneingeschränkt möglich ist und aktiv gefördert wird. Entsprechend sollte die Plattform eine Vorbildfunktion haben, indem sie die Unterstützung all jener, auf deren Nachnutzung gebaut wird, auch gewinnt. Das wird sie nur, wenn sie sich mit anderen Portalen in Bezug auf Bedienung, Schnittstellen, Sicherheit, Barrierefreiheit und eben auch hinsichtlich Offenheit messen lassen kann. Noch sind wir weit von diesem Zustand entfernt, weshalb der derzeitige Ansatz nicht die Unterstützung der "Community" findet.

Mit freundlichen Grüßen,

Vertreter der "Open-Data-Community Deutschland"

Erstunterzeichner:

Unterzeichne auch Du: http://not-your-govdata.de/

publiziert Fri, 08 Feb 2013 21:18:40 +0100 #ccc #opendata

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