Berlusconi
Stellen Sie sich vor: In den vergangenen siebzehn Jahren, in denen Sie nicht nur die wichtigste politische Partei in Ihrem Land gegründet haben, sondern auch deren Kopf wurden, sind 27 Strafanzeigen gegen Sie erstattet worden. Und obwohl Sie ein angeborenes Talent dafür haben, die Gesetze so zu ändern, dass Sie mit heiler Haut davonkommen, sind einige dieser Klagen noch anhängig, sie könnten im Falle Ihrer Verurteilung auf lange Haftstrafen hinauslaufen. Darüber hinaus sind, seitdem Sie das Amt des Premierministers bekleiden, mehrere Artikel, ja sogar Bücher verfasst worden, in denen behauptet wird, Ihr riesiges Vermögen hätten Sie nur mit Duldung der Mafia anhäufen können.
Einflussreiche ausländische Zeitungen machen unablässig aufmerksam darauf, dass Sie drei wichtige private TV-Sender Ihr eigen nennen und darüber hinaus Einfluss nehmen auf die Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen, was die Demokratie in Ihrem Land gefährdet. Die Regierungskoalition, die Sie anführen, droht auseinander zu brechen aufgrund anhaltender Spannungen zwischen einer rechten Splittergruppe, die sich die nationale Einheit aufs Panier schreibt, und einer regionalen Partei, die einen radikalen Föderalismus durchsetzen will. Da Sie sich im Alter von 74 Jahren noch keinen Nachfolger auserkoren haben, entbrennt mittlerweile ein Erbstreit unter denjenigen, denen Sie bisher Ihr Vertrauen schenkten. Unterdessen hat Ihre leidgeprüfte Ehefrau die Scheidung eingereicht, nachdem sie Sie öffentlich einer krankhaften Vorliebe für heranwachsende Mädchen bezichtigt hat. Zeitungen haben abgehörte Telefongespräche veröffentlicht, die nahelegen, dass Sie Ihren Einfluss geltend gemacht haben, um kurvigen Schönheiten ansehnliche Jobs beim Fernsehen zu verschaffen. Eine Prostituierte hat einem Talkshow-Moderator erzählt, dass sie in der Nacht der amerikanischen Präsidentschaftswahl an Ihrer Seite war. Und – womöglich ein unwesentliches Detail, das dennoch der Erwähnung wert ist – Ihr Land erlebt derzeit eine gravierende Rezession, die zahllose Arbeitsplätze kostet, eine erschreckende Jugendarbeitslosigkeit mit sich bringt, ohne jede Aussicht auf die Konjunkturerholung, derer sich Ihre Nachbarstaaten erfreuen.
Was würden Sie da machen?
- Einem jüngeren, weniger umstrittenen Nachfolger das Feld übergeben?
- Sich makellos benehmen, um künftigen Ärger mit dem Gesetz zu vermeiden?
- Hart arbeiten, um einen Konsens für wichtige Reformen herzustellen?
- Bungabunga!
Die Auflösung gibt's in diesem göttlichen Artikel von Tim Parks in der Frankfurter Rundschau ;-)