>b's weblog

News. Journal. Whatever.

Sigmar Gabriel (SPD) hat die Lösung für TTIP-Schiedsgerichte: man gründet einfach noch einsEx-Pirat Christopher Lauer möchte offensichtlich in die SPD eintreten

Diese Propaganda ist wirklich geschickt gemacht, und deshalb preiswürdig: “US-Botschafter Emerson verteidigt die Affäre derweil mit dem Verweis auf kulturelle Unterschiede”

Die Zeitung könnt Ihr Euch aussuchen. Das kommt über die gleichgeschalteten Qualitätsmedien in voller Bandbreite rein – dpa. Der Artikel ist wirklich geschickt gemacht. Zunächst heuchelt er, kritisch zu sein, aber das gleich so, als sei in Wirklichkeit alles in Ordnung.

BND wertete Daten für eigene Zwecke aus – Der BND soll der NSA nicht nur beim Ausspionieren geholfen, sondern die Daten auch für sich selbst ausgewertet haben. US-Botschafter Emerson verteidigt die Affäre derweil mit dem Verweis auf kulturelle Unterschiede.

Der BND hat also nur seinen Job gemacht, und der Rest sind “kulturelle Unterschiede”. Ich nehme für die Analyse mal als Beispiel das Handelsblatt:

Der Botschafter der USA in Deutschland, John Emerson, hat das Vorgehen des US-Geheimdienstes unterdessen mit dem Verweis auf kulturelle Unterschiede verteidigt. „Amerikaner sehen es als Verletzung der Privatsphäre, wenn jemand ihre Briefe und E-Mails liest oder ihre Telefonanrufe mithört.“ Deutsche hingegen hielten ihre Privatsphäre bereits für verletzt, „wenn jemand die Kommunikationsdaten sammelt“, sagte der Botschafter dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag).

Als Beispiel nannte Emerson den Umgang mit Google Street View: In Deutschland riefen die Menschen bei dem Konzern an, um ihr Haus pixeln zu lassen, in den USA wollten sie genau wissen, wann der Wagen mit der Kamera komme, um sich vor das Haus stellen und winken zu können.

Mit Blick auf die Debatte über die Rolle des Bundesnachrichtendienstes als Partner der NSA sagte der US-Diplomat, „dass die fortlaufende Kooperation zwischen unseren Geheimdiensten kein Geheimnis ist“.

Zählen wir mal die Lügen mit, die sich in diesem kurzen Text verstecken:

  1. Auch in den USA gibt es eine breite Debatte über Kommunikationsdaten, siehe hier.
  2. Der BND sammelt nicht nur Kommunikationsdaten, sondern hört dem G10-Gesetz folgend flächendeckend ab.
  3. Im konkret verhandelten Sachverhalt geht es auch gar nicht ausschliesslich um Kommunikationsdaten.
  4. Sogar wenn es ausschliesslich um Kommunikationsdaten ginge, wäre das immer noch Industriespionage, wenn Daten z.B. der Firma Airbus an die Amerikaner weitergegeben werden (weshalb Airbus ja Strafanzeige gestellt hat).
  5. Besonders perfide und schön gemacht: die Argumentation, dass Emerson dem “Briefe und E-Mails liest oder Ihre Telefonanrufe mithört” ein “Kommunikationsdaten” gegenüber stellt – als wäre das ein Widerspruch; es geht ja um dieselben Briefe, E-Mails und Telefonanrufe, nur dass bei den “Kommunikationsdaten” andere Teile davon mitgelesen werden als der Inhalt: nämlich wer sich mit wem wann über welches Thema unterhält, und wer sich mit wem wann getroffen hat, sowie wer sich wann wo aufgehalten hat – das sind ja alles “Kommunikationsdaten” im Mobilfunkzeitalter.
  6. Dafür erhält Emerson noch einen zweiten Punkt für besondere Perfidie: er stellt nämlich einem (angstmachenden) Konkretum (“Briefe, E-Mails, Telefonanrufe”) ein die Tatsachen verwischendes Abstraktum (“Kommunikationsdaten”) gegenüber, mit dem die meisten Leute nichts anfangen können.
  7. Und dann kommt er mit der Streetview-Geschichte. Die gibt auch gleich zwei Punkte, den ersten dafür, dass das keine Kommunikationsdaten sind, die Streetview-Daten, und also mit dem Thema nichts zu tun haben. Das ist pure Polemik.
  8. Den zweiten Punkt bekommen die Qualitätsmedien: nämlich dass sie damals in einer wirklich beeindruckenden Ablenkungskampagne statt Datenschutz zu betonen auf Streetview eingehämmert haben, weils nämlich von Google ist – und von Google wollen sie Geld sehen. Diese Kampagne hat auch voll eingeschlagen, und die Leute haben alle Angst vor Streetview bekommen. Das kann Emerson gleich wieder in die andere Richtung nutzen.

Wenn Euch noch mehr Lügen in dem kurzen Text auffallen, dann bitte in den Kommentaren! Für diese unkommentierte Darstellung des Mega-Flunkerns des US-Botschafters aus allen Agitprop-Rohren gibt's hierfür auf jeden Fall mal den “Propaganda-Artikel des Tages”! Herzlichen Glückwunsch!

Zurück zum Blogindex