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Kakao-Bauern bekommen zum ersten Mal in ihrem Leben Schokolade zu sehenEin Wirtschaftsprofessor liefert die eigene Bankrotterklärung in der Bild am Montag

Mit der parlamentarischen Kultur ging die FDP zugrunde

Die FDP ist bankrott. Nein, nicht schwer angeschlagen. Sie ist politisch am Ende. Ihre Kritiker haben recht: sie ist zu einer reinen Pöstchenschieber-Klientelpartei verkommen, zu einem Dirk-Niebel-Vehikel. Daran ändern weder Urgesteine wie Gerhart Baum und nicht mal Restliberale wie Leutheusser-Schnarrenberger etwas, die früher die Seele der FDP darstellten.

Gerhart Baum hat hier recht: der Niedergang der FDP begann mit der Abkehr von den Freiburger Thesen. Heute kann man nicht mehr glauben, dass einst die FDP eine Wertepartei war, aber es stimmt. Jene Thesen seien jedem ans Herz gelegt, der wissen will, auf welchen Werten die alte Bundesrepublik begründet war.

Und jene Thesen wären aktueller denn je. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass heute ausgerechnet die Linkspartei die einzige Partei ist, die diese Werte noch öffentlich vertritt. Denn es ist nicht nur die FDP, die politisch bankrott ist. Mit dem Lambsdorff-Papier wurde eine völlige Verkehrung nicht nur der Inhalte der FDP eingeleitet.

Diese Neuausrichtung der FDP leitete eine Neuausrichtung der gesamten politischen Landschaft ein. Die FDP war hier Vorreiter – und ist konsequenterweise auch die erste Partei, die für die Totalkorrumpierung der Politik bezahlen muss.

Wenden wir unseren Blick den – ehemals – grossen Parteien zu, so sieht es hier nicht viel anders aus. Die CDU vertritt längst kein christliches, bürgerliches Bild mehr. Sie ist genauso korrupt und zerrüttet, auf eine einzige Person ausgerichtet. Sie hat kein Angebot mehr zu machen an die bürgerliche Mitte. Ihr ist das Bankenretten trotz aller schöner Worte viel wichtiger als danach zu schauen, wie es dem Volk geht – und den Völkern, denen in Europa nämlich. Mit einer gnadenlosen Politik der Armutsverbreitung und Austerität eliminiert sie die sozialstaatliche Kultur Europas, verbreitet Armut an alle – und gleichzeitig märchenhaften Reichtum an einige wenige.

Denn wie so oft: das Geld ist nicht weg. Es hat nur jemand anders. Und diesmal sind es immer die wenigen selben, die immer reicher werden. Alle anderen bezahlen. Mit ihrer Altersvorsorge. Mit ihren Sparguthaben. Mit ihrem Einkommensverlust. Mit ihren Steuern. Die Kapitalanlagen der Reichen werden jedoch “gerettet”, und klettern in unanständige, unermessliche, unverschämte Höhen.

Die andere ehemals grosse Partei, die SPD, hat diese Entwicklung massgeblich mit eingeleitet und beschleunigt, unterstützt von den ehemals Grünen. Statt die Werte zu teilen, die den Freiburger Thesen zugrunde liegen, und auf eine sozialdemokratische Art auszulegen, entwickelte sich erstere Partei ebenfalls zu einem reinen Postengeschiebe. Zur Entwicklung, dass ausgerechnet die SPD die Lohndrückerpartei Nummer 1 ist, und dazu, dass deren damaliger Bundeskanzler, Gerhard Schröder, ausgerechnet auf dem Weltwirtschaftsforum im Dorf des Geldes Davos damit prahlte, “einen der besten (!) Niedriglohnsektoren der Welt” geschaffen zu haben, ist anderswo bereits genug geschrieben worden. Die SPD wird noch von unverbesserlichen Ortsverbändlern zusammen gehalten, die nicht glauben können und wollen, wie ihre Partei ständig handelt – die nur noch wegschauen, entschuldigen, nachinterpretieren. Denn sonst müssten sie entweder ihre eine Wahl nach der anderen verlierende Spitze austauschen, oder endlich austreten.

Als sich in den 80ern die Friedensbewegung mit der Umweltbewegung zu einer Partei verbündete, und die Grünen hervorbrachte, gelang eine notwendige Erfrischung der sich bereits festfahrenden Parteilandschaft. Es war die Chance der Grünen wie auch aller anderen Parteien, sich den sich abzeichnenden Vertrauensverlust der Jugend in ihre Angebote zu Herzen zu nehmen, und neue, aber auf den bestehenden Werten begründete Angebote zu machen. Stattdessen war das Gegenteil der Fall: die aus der Friedensbewegung entstandenen Grünen entwickelten sich innerhalb von zwei Jahrzehnten zur ersten bundesrepublikanischen Kriegspartei, deren damaliger Aussenminister den ersten Angriffskrieg der Bundesrepublik allzu passend gleich basierend auf einer politischen Lüge miteröffnete. Die marktradikal-neoliberale Ideologie, die alle diese Parteien korrumpierte, und von innen schnell Metastasen bildete, war es, die es ermöglichte, dass heute ein Cem Özdemir genauso Mitglied der in der “Anstalt” angeprangerten Machtklüngel ist wie auch Leute aus allen anderen Parteien.

Denn das ist das Wesen der marktradikalen Spielart des Neoliberalismus': die Korruption. Diese zutiefst amoralische Ideologie, bei der jeder nur an sich denkt, hat alle Parteien erfasst. Es ist bisher das Glück der Linkspartei, dass sie sich programmatisch auch deshalb am weitesten davon entfernt halten konnte, weil sie in der Parteienlandschaft immer noch als Paria gehandelt wird. Als Ergebnis dieser Entwicklung sehen wir heute die Postdemokratie: durch Staatsverträge wie dem TTIP (einem der deutlichsten Auswüchse) schwingt sich das Grosse Geld über die Politik auf, und mit der Unterwerfungsgeste der “marktkonformen Demokratie” der Kanzlerin unterwirft sich der Parlamentarismus dem Diktat des Reichtums.

Die völlige Abkehr von den in den Freiburger Thesen noch deutlich herausgearbeiteten bürgerlichen Idealen ist es, die den Parlamentarismus als Ganzes in den Bankrott führt. Denn die FDP ist nur der erste Fall. Man schaue sich die Entwicklung der Mitgliederzahlen der Parteien an. Dieselben Eliten, die davon derart profitieren, können diese Wahrheit jedoch nicht wie Gerhart Baum begreifen – weil sie sie nicht begreifen wollen. So kommen Verdrehtheiten wie dieses Papier der Friedrich-Ebert-Stiftung zustande.

Dieser Grössenordnung der politischen Korruption inhärent ist jedoch insbesondere auch die amoralische Gewaltausübung. Wir werden sehen, wie der Ukraine-Konflikt sich entwickelt. Denn die angebliche “Verantwortung”, die der Bundespräsident hier reklamiert hat, kann sich ganz schnell zu einem von Gier getriebenen Weltkrieg entwickeln. Der Untergang der FDP kurz vorher wird dann wohl nur eine Fussnote gewesen sein.

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