Ein paar traurige Worte zum Jahrestag von Hiroshima und Nagasaki
Will man verstehen, weshalb die USA im damals heissen Krieg gegen Japan zwei Atombomben eingesetzt haben, so muss man sich die Situation anschauen, in der die beiden verfeindeten Länder zu dem Zeitpunkt waren.
Japan war von einer Militärelite geführt, deren Ideologie völlig durchgeknallt war. Der Krieg war zu dem Zeitpunkt längst verloren, unter praktisch allen objektiven Gesichtspunkten. Japan war strategisch erledigt, operativ handlungsunfähig und taktisch in keiner Situation mehr im Vorteil. Statt jedoch längstens in Verhandlungen zu gehen zog die Militärelite, die die Regierung stellte, eisenhart eine Politik der Unbeugsamkeit durch, zu Lasten ihrer eigenen Soldaten.
Um den Willen der Japaner zu brechen, entschlossen sich LeMay und McNamara, die mit dem Luftkrieg gegen Japan beauftragt waren, die Taktik der Flächenbombardements gegen die Zivilbevölkerung anzuwenden, die ursprünglich der britische General und menschenverachtende Zyniker “Bomber” Harris zur Bekämpfung der Nazis entwickelt hatte: mittels einer auf die Architektur angepassten Mischung von Spreng- und Brandbomben wurde ein Feuersturm erzeugt, der dann als brennender Wirbelsturm die angegriffene Stadt unter Hunderttausenden zivilen Opfern in Schutt und Asche legte – Hamburg lässt grüssen.
Die japanische Führung klammerte sich nämlich an den Wehrwillen der Bevölkerung: bei einer Invasion würden die Amerikaner schon erleben, dass sie jedes einzelne Haus, jedes Dorf und jeden Stadtteil einzeln unter massiven eigenen Verlusten niederkämpfen müssten. Von den eigenen Leuten wurde erwartet, dass sie auch sinnlos bis zum eigenen Tod vorgehen – und die Ideologie, die das erforderte, zog natürlich nicht bei jedem, aber bei viel zu vielen eben schon. Die Amerikaner hatten jene Grössenordnung von Durchgeknalltheit im Feld gesehen, als sie Angriffe auf medizinisches Personal erleben mussten, das versuchte, besiegten japanischen Truppen zu helfen, was daraufhin weitgehend unterlassen wurde.
LeMay und McNamara hatten deshalb zur Bomber-Harris-Methode gegriffen, und bombardierten Grossstädte wie Tokio in Schutt und Asche – im Falle der Hauptstadt mit über einer Million ziviler Opfer, weit mehr als die Zahl der Opfer von Hiroshima und Nagasaki zusammen. McNamara sagte später im Interview, er sei sehr froh, dass sie den Krieg gewonnen haben. Falls nicht, wären sie bestimmt als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Immerhin haben sie die systematische Vernichtung von Millionen Zivilisten organisiert – noch ganz ohne Atombomben.
In diese Situation hinein kommt nun der Erfolg des Manhattan-Projektes: gleich zwei unterschiedliche Bauweisen für Fissionsbomben wurden zur Einsatzreife gebracht: die Uran- und die Plutoniumbombe. LeMay und McNamara hatten entsprechend wenig Hemmungen, die beiden Bombentypen am Praxisbeispiel der Vernichtung von japanischen Mittelstädten zu testen – für sie war es nur eine wesentlich effizientere Methode der Massenvernichtung, wie sie sie sonst sowieso schon mit der älteren Bomber-Harris-Methode ständig durchführten. Für die Ingenieure des Manhattan-Projektes und die US-Luftwaffe war es die Möglichkeit, die beiden Bombentypen in der Praxis zu testen. Und so führten die Realitätsverweigerung der japanischen Elite zusammen mit dem menschenverachtenden Zynismus der US-Luftwaffenoffiziere LeMay und McNamara in Kombination mit dem makabren Konstruieren von Massenvernichtungswaffen zum schrecklichen und äusserst traurigen Ergebnis: der “Erfolg” bestand in Hunderttausendfachem Leiden und Sterben, noch über Jahre hinaus nach dem Massenvernichtungs-Test.