>b's weblog

“Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat.” (Rosa Luxemburg)

Misstrauensvotum in der EUIm Gedenken an jene, die in der Woche vom 30.6. bis 7.7.2025 “plötzlich und unerwartet” gestorben sind

Algorithmische Governance und die internationale Politik von Big Tech

Big technology companies like Facebook, Google, and Amazon amass global power through classification algorithms. These algorithms use unsupervised and semi-supervised machine learning on massive databases to detect objects, such as faces, and to process texts, such as speech, to model predictions for commercial and political purposes. Such governance by algorithms—or “algorithmic governance”—has received critical scrutiny from a vast interdisciplinary scholarship that points to algorithmic harms related to mass surveillance, information pollution, behavioral herding, bias, and discrimination. Big Tech’s algorithmic governance implicates core IR research in two ways: (1) it creates new private authorities as corporations control critical bottlenecks of knowledge, connection, and desire; and (2) it mediates the scope of state–corporate relations as states become dependent on Big Tech, Big Tech circumvents state overreach, and states curtail Big Tech. As such, IR scholars should become more involved in the global research on algorithmic governance.

Große Technologieunternehmen wie Facebook, Google und Amazon haben durch Klassifizierungsalgorithmen globale Macht erlangt. Diese Algorithmen verwenden unüberwachtes und halbüberwachtes maschinelles Lernen in riesigen Datenbanken, um Objekte wie Gesichter zu erkennen und Texte wie Sprache zu verarbeiten, um Vorhersagen für kommerzielle und politische Zwecke zu modellieren. Eine solche Steuerung durch Algorithmen – oder „algorithmische Steuerung“ – wurde von einer umfangreichen interdisziplinären Wissenschaft kritisch untersucht, die auf algorithmische Schäden im Zusammenhang mit Massenüberwachung, Informationsverschmutzung, Verhaltenstreiberei, Voreingenommenheit und Diskriminierung hinweist. Die algorithmische Governance von Big Tech betrifft die IR-Forschung in zweierlei Hinsicht: (1) Sie schafft neue private Autoritäten, da Unternehmen kritische Engpässe bei Wissen, Verbindungen und Wünschen kontrollieren; und (2) sie vermittelt den Umfang der Beziehungen zwischen Staat und Unternehmen, da Staaten von Big Tech abhängig werden, Big Tech staatliche Übergriffe umgeht und Staaten Big Tech einschränken. Aus diesem Grund sollten sich IR-Wissenschaftler stärker an der globalen Forschung über algorithmische Governance beteiligen.

Das Paper gibt's hier. (Sicherungskopie)

Algorithmic governance, especially but not exclusively expressed in Big Tech, is ripe for examination in IR research. Several IR research streams are especially needed. Researchers in private authority should investigate US tech giants’ strategies and outcomes related to global governance, including in a comparative context with each other and their Chinese counterparts Alibaba, Tencent, Baidu, and Huawei. They should evaluate the ideology underpinning Silicon Valley capitalism and the conditions under which Big Tech legitimation claims are successful. Also needed is analysis of the promises and challenges of creating responsible AI and the role of transnational advocacy networks therein. Scholars of state–corporate relations should study the comparative strength and scope of national regulations in remedying algorithmic harms, along with developments in public and private international law. They should explore Big Tech’s support of and challenge to traditional state treatments of speech, monopoly, and privacy. Given that China boasts of “AI supremacy” by 2030, scholars should research Big Tech’s impact on US–Sino competition and whether China’s “digital authoritarianism”—evident in its repression of the Uyghurs—portend a divergent model of algorithmic governance or a convergent one for Western democracies. By embarking on this wide-ranging agenda, IR will bolster the interdisciplinary study of algorithmic governance and advance understanding of the international politics of Big Tech.

Algorithmische Governance, die sich insbesondere, aber nicht ausschließlich in Big Tech ausdrückt, ist reif für eine Untersuchung in der IR-Forschung. Mehrere IR-Forschungsstränge sind besonders notwendig. Forscher im Bereich der privaten Autorität sollten die Strategien und Ergebnisse der US-Tech-Giganten in Bezug auf Global Governance untersuchen, auch im Vergleich untereinander und mit ihren chinesischen Pendants Alibaba, Tencent, Baidu und Huawei. Sie sollten die Ideologie, die dem Silicon-Valley-Kapitalismus zugrunde liegt, und die Bedingungen, unter denen Big-Tech-Legitimationsansprüche erfolgreich sind, bewerten. Außerdem müssen die Versprechen und Herausforderungen bei der Schaffung einer verantwortungsvollen KI und die Rolle transnationaler Interessenvertretungsnetzwerke in diesem Zusammenhang analysiert werden. Wissenschaftler, die sich mit den Beziehungen zwischen Staat und Unternehmen befassen, sollten die vergleichende Stärke und den Umfang nationaler Vorschriften zur Behebung algorithmischer Schäden sowie die Entwicklungen im öffentlichen und internationalen Privatrecht untersuchen. Sie sollten untersuchen, inwieweit Big Tech die traditionelle staatliche Behandlung von Redefreiheit, Monopolen und Privatsphäre unterstützt und in Frage stellt. In Anbetracht der Tatsache, dass China sich der „KI-Vorherrschaft“ bis 2030 rühmt, sollten Wissenschaftler die Auswirkungen von Big Tech auf den Wettbewerb zwischen den USA und China erforschen und untersuchen, ob Chinas „digitaler Autoritarismus“ - der sich in der Unterdrückung der Uiguren zeigt - ein abweichendes Modell der algorithmischen Governance oder ein konvergierendes Modell für westliche Demokratien darstellt. Mit dieser weitreichenden Agenda wird das IR die interdisziplinäre Erforschung der algorithmischen Governance stärken und das Verständnis für die internationale Politik von Big Tech fördern.