Wir sind Helden
Mit simuliertem Mut trachten viele Menschen danach, ihr Selbst- und Fremdbild zu optimieren.
Entgegen verbreiteter Annahme ist der Begriff „Gratismut“ keine neuere Wortschöpfung, sondern wurde bereits in den Sechzigerjahren von Hans Magnus Enzensberger geprägt, der dieses Phänomen wie folgt beschrieb: „Als Gratismut bezeichnet man eine Haltung, mit der Aussagen gemacht oder Handlungen begangen werden, die keinerlei Risiken, Gefahren oder negative Konsequenzen mit sich bringen, sprich nichts ‚kosten‘, demnach ‚gratis‘ sind. Da die Prämisse für Mut allerdings aus potenziellen Risiken, Gefahren und/oder negativen Konsequenzen besteht, also eine potenzielle ‚Opferung‘ im Raum steht, handelt es sich beim Gratismut um einen Widerspruch. Freilich könnte man statt Gratismut schlicht von Feigheit sprechen, doch wohnt dem Neologismus (gewollter) Sarkasmus inne, da sich mit Gratismut eine offen zur Schau gestellte, moralische Selbstüberhöhung verbindet, deren Grundlosigkeit sowie Anmaßung entweder nicht begriffen oder bewusst ignoriert wird.“ Diese Erscheinung — die zurzeit vermehrt in Bezug auf den Ukrainekrieg und den „Kampf gegen Rechts“ auftritt — ist geprägt durch Narzissmus, Opportunismus und hohe Konformität und ermöglicht dem Gratismutigen bei minimalem Risiko maximale Anerkennung und Lob der ebenfalls konformen Mehrheit.