Die strategische Souveränität der EU
Berlin und Paris streben größere Eigenständigkeit der EU gegenüber den USA an und rüsten massiv auf – auch, weil Deutschland in der Rivalität mit Washington schwere Rückschläge verzeichnet.
Deutschland und Frankreich streben nach größerer „europäischer Souveränität“ und wollen die EU „als geopolitischen Akteur ... stärken“. Dies geht aus einer Deutsch-Französischen Erklärung hervor, die gestern in Paris anlässlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages veröffentlicht wurde. Die Erklärung sieht weitere militärische Unterstützung für die Ukraine vor, „solange dies nötig ist“, kündigt neue Aufrüstungsschritte an und sieht deutsch-französische Manöver „im Indo-Pazifik“ vor. Hintergrund sind unter anderem gravierende Rückschläge der Bundesrepublik in der Rivalität mit den Vereinigten Staaten, darunter eine zunehmende militärische Abhängigkeit sowie die drohende Deindustrialisierung durch die Abwanderung von Produktionsstandorten in die USA. Wie der französische Publizist Emmanuel Todd urteilt, gehe es in den gegenwärtigen globalen Machtkämpfen – einem „beginnenden dritten Weltkrieg“ – auch „um Deutschland“. Bundeskanzler Olaf Scholz geht von der Entstehung einer „multipolaren Welt“ aus; in ihr sollen sich Deutschland und die EU als militärisch schlagkräftige Mächte eine führende Stellung sichern.