Die Verengung der Welt: Zur medialen Konstruktion Deutschlands unter Covid-19 anhand der Formate ARD Extra – Die Coronalage und ZDF Spezial
Die Pandemie im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SARS-CoV-2) und der damit einhergehenden Erkrankung Covid-19 lässt sich auch als eine Geschichte einer Pandemie der Medien beschreiben. Genauso, wie sich das Virus global verbreitet hat, ist auch für die Medien schon rein quantitativ eine immense Verbreitung der Berichterstattung zum Coronavirus zu diagnostizieren. Signifikant ist bereits die Tatsache, dass ab der zweiten Märzwoche 2020 bis in den Juni hinein die öffentlich-rechtlichen Programme ARD und ZDF nahezu täglich nach der Hauptnachrichtensendung am Abend eine Sondersendung (ARD Extra: Die Corona Lage und ZDF Spezial) zum Coronavirus ausstrahlen.
In unserem Beitrag wollen wir aus einer medien- und kultursemiotischen Perspektive1 die in den Sondersendungen vermittelten Weltmodelle analysieren: Wir verstehen die Fernsehsondersendungen als abgeschlossene Modelle von Welt, die implizite Regeln, Werte und Ideologien aufweisen, die wir analytisch offenlegen wollen. Faktuale journalistische Texte verschieben gegenüber fiktionalen Texten zwar das Referenzverhältnis, indem sie für sich beanspruchen, nicht auf eine fiktionale Welt zu verweisen, sondern in einem Repräsentationsverhältnis zu einer wie auch immer gearteten ›Wirklichkeit‹ zu stehen. Gleichzeitig konstituieren sich auch journalistische Beiträge wie jeder Text mittels Operationen der Auswahl (paradigmatische Ebene) und Kombination (syntagmatische Ebene) von Elementen aus Zeichensystemen und konstruieren darüber eigenständige textuelle Bedeutungen. Dies betrifft im Bereich des Fernsehjournalismus auf paradigmatischer Ebene etwa Drehorte, Kameraeinstellungen, Möglichkeiten der Lichtsetzung, potenzielle InterviewpartnerInnen und Interviewfragen, den Inhalt von Bauchbinden etc., unter denen jeweils ausgewählt wird und die im filmischen Syntagma kombiniert auftreten. Aus der Kombination von Elementen innerhalb einer Beitragssequenz und darüber hinaus auch aus der Kombination von Beiträgen innerhalb eines vollständigen Sendungsformats eröffnen sich weitere Bedeutungsebenen.
Da nun jeder Text durch einen Rahmen begrenzt ist, ist davon auszugehen, dass die im Text auf diese Weise erzeugten Bedeutungen lediglich Teile eines größeren Ganzen bilden; Texte repräsentieren einen übergeordneten Weltentwurf, mit jeweils eigenen Ordnungen, Leitdifferenzen etc., den sie modellhaft abbilden. Aus der konkreten Textstruktur lassen sich etwa anthropologische Modelle des Menschen, Modelle von Welt und Wirklichkeit und eben auch Modelle von Krisen und ihrem Verhältnis zur gesellschaftlichen Ordnung abstrahieren.
Die Studie gibt's hier. (Sicherungskopie)
(Danke, Jörg!)