Pflegenotstand: Was muss sich ändern?
Siehe dazu auch dieses Interview: “Verschlimmerer an der Macht”. Daraus:
UZ: Ein weiteres Problem ist der Mangel an Nachwuchs. Giffey lobte in der Sendung die Fortschritte bei der Pflegeausbildung. Stimmst du ihr da zu?
Tatjana Sambale: Ich teile diese Einschätzung nicht. Die Leute kommen nach wie vor in ihre ersten Praxiseinsätze und erleben den abschreckenden pflegerischen Alltag in den Heimen und auf der Station. Es mangelt immer noch an einer Begleitung in der Praxis. Es als Erfolg zu feiern, für diese Erfahrungen nicht auch noch in Form von Schulgeld zahlen zu müssen, ist fast schon zynisch. Aufgrund der Be- und Überlastungssituation – schon in den ersten Praxiseinsätzen – brechen viele ihre Ausbildung ab oder arbeiten aufgrund der Zustände nicht dauerhaft im Beruf.
Die psychische Belastung ist enorm groß, da die Praxis, die man leisten muss, überhaupt nicht der gelernten Theorie entspricht. Man muss ständig Abstriche machen. Und die meisten Auszubildenden können sich bereits da ausrechnen, dass sie den Beruf unter diesen Umständen nicht jahrelang in Vollzeit durchhalten werden. Unter Teilzeitbedingungen schrumpft allerdings das auf dem Papier vorhandene Brutto-Einkommen weiter zusammen, bis am Ende Vergütungen übrig bleiben, die in den Augen vieler Kollegen oft nicht mehr sind als ein Schmerzensgeld. Viele sind nicht bereit, dafür dauerhaft ihre Freizeit und ihre Gesundheit zu opfern.