Der «Dies Irae» der EU
Der EU-Gipfel legt tiefe Spaltungen in der EU offen und bringt einen Dämpfer für den deutschen Machtanspruch.
Einen herben Dämpfer für den deutschen Machtanspruch in der EU hat der zur Stunde noch andauernde EU-Gipfel zu den EU-Hilfsgeldern im Kampf gegen die Coronakrise gebracht. Berlin konnte sich auch nach einer zweitägigen Verlängerung des ursprünglich auf zwei Tage angesetzten Treffens der Staats- und Regierungschefs der Union nicht mit seiner Forderung durchsetzen, zwei Drittel des auf 750 Milliarden Euro veranschlagten EU Recovery Fund als Zuschüsse an die besonders schwer von der Krise getroffenen Mitgliedsländer zu verteilen. Zugleich präsentierte sich die EU als stärker zerstritten denn je; einflussreiche Kommentatoren diagnostizierten ihr “nicht mehr zu vereinende Regierungs- und Lebensmodelle” und sagten voraus, es werde “schwer” für Berlin werden, seine “Mittlerrolle wieder einzunehmen”. Der Dämpfer für Berlin ist der zweite binnen weniger als zwei Wochen: Am 9. Juli war die Bundesregierung mit dem Vorhaben gescheitert, Spaniens Wirtschaftsministerin Nadia Calviño zur Präsidentin der Eurogruppe zu machen. Beobachter sprachen von einem “Aufstand der Kleinen”.