«Sarrazin ist viel mehr als ein rassistischer Onkel»
Ich besuchte die Anhörung von Thilo Sarrazin, weil ich verstehen wollte, wie jemand zugleich Vordenker der neuen Rechten sein und glauben kann, Mitglied meiner Partei bleiben zu müssen. Auch wenn die Partei bereits durch mehrere Ausschlussversuche deutlich gemacht hat, dass sie ihn nicht mehr als Mitglied haben will. Hingegangen bin ich in etwa in der Erwartung, wie sie schon andere formuliert haben. Wir dachten, dass Sarrazin lediglich die Verkaufszahlen seiner Bücher erhöhen und darum SPD-Mitglied bleiben will. Ohne die Partei wäre er nichts weiter als ein verbitterter Mann und so wirkmächtig wie der rassistische Onkel, für den man sich immer an Weihnachten schämt. Inzwischen muss ich diese Einschätzung revidieren: Thilo Sarrazin ist kein Trottel und auch kein Opportunist, er ist ein Überzeugungstäter. Er glaubt seine eigenen Thesen, an eine genetische und kulturelle “Unterlegenheit” von Muslimen. Er glaubt an Imperialismus qua Geburtenzahlen. Er tut sich schwer, von der Gleichwertigkeit aller Menschen zu sprechen und verklausuliert das lieber zu “Chancengleichheit“.