Unsere Faktenfinder
Die Tagesschau inszeniert sich als Instanz letzter Wahrheit, doch unser Autor glaubt ihr kein Wort.
Man gestatte mir bei dieser Gelegenheit eine kleine eher philosophische Vorbemerkung: Seit ein außergewöhnlich platter und zugleich außerordentlich mächtiger Amerikaner alles als Fake News bezeichnet, was ihm nicht in den hässlichen Kram passt, seitdem werden wir unaufhörlich mit irgendwelchen Faktenchecks und ähnlichen journalistischen Wahrheitsversprechen traktiert. Offenbar hängt man dem Glauben an, die Welt erkläre sich aus einer Anhäufung von Tatsachen und, noch absurder, Tatsachen seien eine Art Absolutum des Wissens. Nur zur Erinnerung: Der Begriff „Fakten“ gründet im lateinischen Factum: das Gemachte. Dem entspricht seit dem 18. Jahrhundert im Deutschen „die Tatsache“. Die Tatsache ist eine Sache, die durch handelnde Bewusstseine, vulgo: Menschen, zu einer solchen gemacht wird. Sehr grob zusammengefasst definiert sich Moderne überhaupt über ihre kritische Reflexionsarbeit, derzufolge Wahrheit stets „gemacht“ und geworden ist, in laufenden Prozessen steht und von bestimmten Verständigungsprotokollen geprägt wird. In diesem Verständnis ist das Wirkliche nie das Gewisse und gerade deshalb zuverlässig ein Problem. Man muss an solche elementaren Voraussetzungen erinnern, wenn man den gefährlichen Wahn der neuen Wahrheitspopulisten ermessen will. Sie erheben Anspruch auf ein Wissen, das der Kritik entzogen ist, und kriminalisieren jede Gegenmeinung.