Ein paar Gedanken zu “Corona-Toten” und einer besseren Einordnung der Gefährlichkeit von Corona (und der von “Sparmassnahmen”)
Die Zahlen der “Corona-Toten” sind nicht sinnvoll begründet, sondern vielmehr fragwürdig, meint Daniel, und damit hat er recht. Es wird nämlich einfach geschaut, ob eine verstorbene Person mit Corona infiziert war. Und falls ja, dann gilt sie auch als wegen Corona verstorben. Hier liegt jedoch ein Denkfehler vor, denn das wäre nur richtig, gäbe es keine anderen Krankheiten – im Wesentlichen sterben an Corona-Infektionen jedoch Patienten, die bereits andere Krankheiten haben.
Nehmen wir mal an, in einem Krankenhaus gibt es 100 Patienten, die an einer Krankheit mit einer Letalität im Falle von Behandlung in Höhe von 10% leiden. Das bedeutet, dass durchschnittlich 10 Patienten an dieser Krankheit sterben werden, auch wenn sie behandelt wird. Nun werden diese 100 Patienten im Beispiel alle mit Corona infiziert. Es sterben nach wie vor 10 Patienten. Nach o.g. Rechnung wären dann alle an Corona gestorben. Das halte ich jedoch für grob verfälschend.
Platt gesagt: wenn im Beispiel nach wie vor 10 Patienten versterben, dann würde ich viel eher sagen, ist noch überhaupt niemand an Corona verstorben! Die Leute im Beispiel sterben alle nach wie vor an der Krankheit, weswegen sie Patient geworden sind. Erst wenn mehr Leute sterben, dann kann man schliessen, die Leute sterben wegen Corona. Wenn also z.B. 20 statt der 10 Patienten versterben in der genannten Gruppe, dann wären statistisch 10 davon wegen Corona verstorben und 10 nach wie vor wegen der ursprünglichen Krankheit.
Wie hoch ist nun die Letalität von Corona unbehandelt und behandelt? Ich lese dazu an verschiedener Stelle, man habe noch nicht genügend Daten. Über die Krankenhäuser müsste man jene Daten für die behandelten Patienten jedoch haben. Denn bereits bekannte Krankheiten sind üblicherweise statistisch gut untersucht. Die Letalitäten kann man in der Literatur nachschlagen. Und es ist eine Eigenschaft des Corona-Virus, dass im Wesentlichen ältere Patienten versterben, die auch andere Krankheiten haben.
Man kann nun, wenn man hier Buch führt, wieviele Patienten nicht gerettet werden konnten, die Letalität von Corona für solche Patienten herausrechnen. Dann weiss man genau, wie gefährlich es für einen solchen Patienten ist, sich mit Corona infiziert zu haben.
Nun gibt es noch einen Einwand. Nehmen wir an, 10% der Gesunden sterben, wenn sie sich mit Corona infizieren, und 10% der Leute, die eine bekannte Krankheit haben. Patienten, die beides haben, sterben auch mit einer Letalität von 10%. Dann wäre die Letalität der mit Corona infizierten bei 10%, allerdings würde Corona die Letalität der Patienten mit der bereits bekannten Krankheit nicht erhöhen. Die Aussage wäre also falsch, Corona sei besonders gefährlich für Patienten, die bereits Atemwegserkrankungen haben.
Wenn man also argumentiert, dass diese besondere Gefahr besteht (und das ist bei Corona der Fall), so muss man in erster Näherung die Letalität, die über die bestehende Krankheiten kommt, abziehen. Da führt kein Weg daran vorbei. Die Zahlen, die bisher veröffentlicht werden, sind zu gross.
Interessant ist übrigens noch ein Punkt: die Überlastung der Krankenhäuser. Es ist ja bereits einiges dazu gesagt worden, dass die Gesundheitssysteme der Länder unter dem neoliberalen Spardiktat stark zurückgebaut wurden, und nun in der Krise nicht mehr ausreichen. Italien ist eines der Länder, das unter Austeritäts-Zwang stand – wobei das Gesundheitssystem in Italien noch nie besonders gut ausgebaut war. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, weshalb ausgerechnet Italien nun eine Katastrophe durch die Corona-Panik erfährt, ganz anders als z.B. Südkorea, das die Krankheit schnell unter Kontrolle hatte.
Im verlinkten Artikel fehlt eine mögliche Erklärung dafür, weshalb Südkorea auch eine niedrigere Letalitätsrate für Corona ausweisen kann als andere Länder: es sind nicht nur viel mehr Tests gemacht worden, wieviele Personen sich tatsächlich mit Corona infiziert haben, sondern das Gesundheitssystem ist auch nicht kaputt gespart worden. Im Gegenteil, es ist für einen Seuchenfall vorbereitet. Denn wenn Patienten nur noch rudimentär, palliativ oder gar nicht behandelt werden, die sowieso krank sind (und nun zudem mit Corona infiziert), dann sterben logischerweise auch mehr. Viele Krankheiten kann man nämlich heilen, obwohl sie eine hohe Letalität aufweisen, falls sie unbehandelt bleiben.
Platt gesagt, die Leute sterben, weil die für sie eigentlich notwendige Gesundheitsversorgung weggespart wurde – und nun in der Panik das System über seine Leistungsgrenze hinaus gefahren wird! Da ist es für die Regierung natürlich praktisch, wenn sie sich mit Corona infiziert haben. Denn statistisch gesehen sind sie damit “Corona-Tote”, und Schuld hat das Virus – und nicht etwa eine Regierung, die Steuern für Reiche senkt, Vermögenssteuern abschafft, Banken rettet, aber im Gegenzug leider, leider bei allem, was die meisten Menschen betrifft, an Infrastruktur sparen “muss”. Schliesslich ist das alles alternativlos – oder?