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Die Zerstörung der CDU oder ihre Rettung? Analyse der CDU-Replik auf die “Zerstörung der CDU” (Teil 1)

Der Youtuber Rezo hat die CDU in seinem Video scharf kritisiert. Die unbeholfenen ersten Antworten seitens der CDU/CSU selber zeigen: er hat ins Schwarze getroffen. Rezo greift die Politik der CDU unter anderen in den Themen Umwelt, Krieg, Verhältnis zur USA, Soziales wohl vorbereitet an, bringt Belege für seine Kritik und argumentiert zwar in Jugendsprache – der Sprache seines Publikums – und polemisch, jedoch in der Sache klar, nachvollziehbar und korrekt. Interessant ist jetzt, wie die CDU/CSU mit der Kritik umgeht. Sie hat nun eine öffentliche Stellungnahme zur Kritik Rezos verfasst. Schauen wir uns diese Stellungnahme einmal genau an.

Wer dieses Blog regelmässig liest, dürfte von Rezos Argumenten nicht überrascht worden sein. Solcherart Kritik kann man seit Jahr und Tag in praktisch allen Alternativmedien der Gegenöffentlichkeit lesen. Rezos Leistung besteht jedoch daraus, fundierte Kritik sauber recherchiert und konzentriert zu haben, und klar und verständlich in der Sprache seines Publikums vermittelt. Er hat sich hier einiges an Lorbeeren in Sachen politische Kommunikation verdient: ein Youtuber, der wahrhaftige politische Kritik liefert – und somit den Job macht, den eigentlich die Qualitätsmedien all die Jahre hätten machen müssen. Umso interessierter bin ich deshalb an der Antwort der CDU – wie geht sie mit harter, aber treffender Kritik um? Hier findet Ihr Absatz für Absatz den offiziellen Text und jeweils eine kurze Wertung:

Offene Antwort an Rezo: Wie wir die Sache sehen

Viele Menschen haben in den vergangenen Tagen über Dein Youtube-Video gesprochen. Es spitzt Kritikpunkte zu und verkürzt um zu provozieren. Das ist nichts Neues in der politischen Auseinandersetzung – zumal im Wahlkampf.

Die CDU weist zurecht darauf hin, dass Rezo zuspitzt. Dann jedoch unterstellt sie ihm eine Provokationsabsicht. Sie verstösst damit gleich zu Anfang gegen die Diskussionsredlichkeit. Da Rezo jedoch ebenfalls polemisiert, möchte ich darüber hinwegsehen.

In unserem freien Land darf jeder seine Meinung äußern, Gott sei Dank. Und was dort geäußert wird, war und ist Gegenstand politischer Diskussionen, das ist das Herzstück unserer Demokratie. Wir – das sind Hunderttausende Mitglieder, Unterstützer und Millionen von Wählerinnen und Wählern der CDU – nehmen Kritik sehr ernst, tagtäglich in persönlichen Gesprächen, Veranstaltungen on- und offline. Und wir alle, die allermeisten ehrenamtlich, arbeiten jeden Tag daran, es besser zu machen.

Neben Plattitüden und Tautologien wirft sich die CDU hier in die Brust, und weist auf ihre ehrenamtliche Tätigkeiten hin. Damit stellt sie Rezos Hinweis auf Vorteilsnahme durch Spitzenkräfte der CDU die Arbeit der Basis gegenüber. Es ging jedoch in Rezos Kritik nicht um die Tätigkeit der CDU-Basis. Das Argument der CDU geht entsprechend ins Leere.

Wir als CDU sind stolz darauf, was wir, die Partei von Adenauer, Kohl und Merkel und die Bürgerinnen und Bürger in den letzten Jahrzehnten für unser Land und die Menschen in Deutschland erreicht haben.

Das mag zwar sein, dass die CDU auch noch stolz auf ihre schlechten Ergebnisse ist, das ist jedoch nicht das Thema der Kritik Rezos.

Wir haben in der CDU gemeinsam überlegt, wie wir mit Deiner Kritik und der Form, in die Du sie packst, umgehen. Brauchen wir eine schnelle Reaktion? Müssen wir dem medialen Druck nachgeben? Folgen wir den vielen Hinweisen, die uns gegeben werden? Sehr hohes Tempo und extreme Zuspitzungen bestimmen fast alle Debatten dieser Tage. Wir hatten uns für eine Antwort auf derselben Ebene entschieden – für ein Video. Wir haben ein klasse Produkt erarbeitet, in dem das steckt, was die Mitarbeiter der CDU wie die Wahlkämpfer im Europawahlkampf, Landtagswahlkampf in Bremen und im Kommunalwahlkampf in zehn Ländern derzeit jeden Tag geben: Herzblut, Einsatz und Kreativität.

Hier wird die CDU selbstreflektiv. Sie beschäftigt sich nicht inhaltlich mit Rezos Kritik, sondern mit ihren Überlegungen, wie sie medial damit umgehen möchte. Der Abschnitt sagt zum Thema nichts aus.

Die CDU ist eine Volkspartei mit vielen Mitgliedern und auf Werten gebauten Programmen. Wir sind entstanden aus den Trümmern eines zerstörten Landes als Union, in der Platz war und ist für Miteinander und für alle, die etwas aufbauen wollen – nicht zerstören. Wir sind deshalb Volkspartei, weil uns viele Bevölkerungsschichten vertrauen, weil wir gerade nicht die schnelle, scheinbar einfache Antwort suchen.

Neben dem Äussern von Plattitüden weist die CDU hier den Begriff der Zerstörung von sich. Sie reklamiert, dass viele ihr vertrauen. Zum Inhaltlichen sagt sie erneut nichts.

Wir werden seit Jahren häufiger als andere Parteien gewählt, weil wir den Mut und die Verpflichtung haben, auf komplexe Fragen auch gut durchdachte und angemessene Antworten zu geben. Wir sind nicht nur einer Bevölkerungsgruppe, einer Schicht, einer Berufsgruppe oder Generation verpflichtet, sondern allen Wählerinnen und Wählern – allen Menschen, die in unserem Land leben.

Jetzt ist die CDU auf dem Niveau von Werbephrasen angekommen. Sie bleibt wiederum völlig inhaltsfrei.

Mit dieser Verantwortung, Erwartung und Verpflichtung müssen wir sorgsam umgehen. Denn gerade von der CDU wird in aufgewühlten Zeiten erwartet, dass sie überlegt, reflektiert und mit kühlem Kopf antwortet. Verkürzen, verzerren, verdrehen – das ist Populismus. Überzeichnen, übertreiben, überspitzen: wir distanzieren uns zu Recht von dieser Art, Politik zu machen.

Auch wenn man diesen Abschnitt weglassen würde, würde sich an der Stellungnahme der CDU inhaltlich nichts ändern.

Auf eine steile These folgt bei uns nicht die hastige Antwort, auf eine kühne Interpretation von Statistiken reagieren wir unsererseits nicht mit vereinfachenden Schlüssen. Antworten zu geben, die über den Tag hinaus tragen, das erfordert Zeit, das erfordert Maß und Mitte.

Nun erklärt die CDU, weshalb sie inhaltlich zur Diskussion nichts beiträgt: sie benötigt mehr Zeit.

Die Währung von YouTubern sind Klickraten. Die Währung einer Volkspartei wie der CDU ist Vertrauen.

Ein gut plazierter Werbespruch. Inhaltlich trägt auch dieser Wahlspruch weniger bei, als das, was sonst in Kalenderblättern steht.

Wir bleiben uns deshalb treu und suchen die politische Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Argumenten, Analysen und Schlussfolgerungen. Wir leisten uns die Freiheit, unsere Auffassungen zu vertreten, auf die Art und Weise, für die uns unsere Mitglieder, Wähler und Sympathisanten vertrauen.

Die CDU kreist erneut um sich selber. Inhaltlich ist sie von der Kritik, auf die sie antwortet, Lichtjahre entfernt.

Hier legen wir dar, wie wir die Dinge sehen (Sicherungskopie), und darüber werden wir selbstverständlich mit allen, die ihre Meinung äußern, diskutieren, einander zuhören und unsere Standpunkte austauschen – immer mit dem Ziel, Kompromisse für gangbare, akzeptable Lösungen zu finden, nicht mit dem Ziel, andere zu zerstören.

Bis hierher wiederum nichts Inhaltliches – aber nun ein Verweis auf einen zweiten Text, für den das Versprechen inhaltlicher Argumentation abgegeben wird. Werfen wir mal einen Blick hinein:

Offene Antwort an Rezo: Wie wir die Sache sehen […]

Die Einleitung des Textes überspringe ich. Sie ist eine 1:1 Wiederholung des Textes auf der Website, den ich oben kommentiert habe. Weiter geht es mit:

1. „Gewinner und Verlierer“ – Wie die CDU die Sache sieht...

Vorne weg eine Richtigstellung: Die Einkommensungleichheit, d.h. die unterschiedliche Verteilung der Einkommen in Deutschland, ist zwar bis 2005 gestiegen, seitdem aber nicht mehr. Hier von einer sich immer weiter öffnenden Schere zu sprechen halten wir daher für unzulässig (https://stats.oecd.org/; Siehe auch BMF-Monatsbericht Mai 2019: https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2019/05/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-soziale-ungleichheit.html).

Es ist unseriös, als “Quelle” die eigenen Behauptungen zu nennen. Denn das Bundesfinanzministerium ist Teil der CDU-geführten Regierung, die Rezo kritisiert. Interessant ist jedoch besonders folgendes: Rezo kritisiert die CDU der letzten 36 Jahre, wovon 29 Jahre die CDU an der Macht war. Er kritisiert nicht erst seit 2005. Auch kritisiert Rezo nicht das Einkommen, sondern die Vermögensentwicklung. Denn wie auch immer die Leute zu Geld kommen – Rezo benennt richtig das Erben – entscheidend ist, wieviel Geld zum Schluss wer hat. Und dort haben die Reichen eben immer mehr, und die Armen in Deutschland immer weniger. Das Argument der CDU wäre also, falls man es mangels vernünftiger Quelle überhaupt gelten lassen könnte, höchstens ein Strohmannargument: die CDU geht auf die Kritik nicht wirklich ein.

Dass die Schere in den letzten Jahren nicht weiter zusammenlief hat verschiedene Gründe. Ein wichtiger Grund, warum Einkommensungleichheit nicht abnimmt, ist die Zuwanderung. Zuwanderer sind häufig gering qualifiziert, was ein niedriges Einkommen zur Folge hat. Das ist eine statistische Folge der Aufnahme der Flüchtlinge in den letzten Jahren. Das darf Rezo kritisieren, die CDU steht zu dieser Entscheidung (DIW Wochenbericht 19/2019: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.620814.de/19-19-3.pdf)

Dass keinesfalls seit 36 Jahren die immer weiter klaffende Vermögensschere durch Zuwanderung erklärbar sein wird, dürfte jedem einleuchten, dem klar ist, dass die spezielle Zuwanderungsproblematik seit der besonderen Lage 2015 mit dem Syrienkrieg keinesfalls immer so war. Das Argument der CDU geht also an der Sache vorbei.

Rezo definiert arm und reich entlang der Vermögensverteilung. Bei dieser Betrachtung werden Altersvorsorgungsansprüche nicht mit einbezogen. Bei Berücksichtigung solcher Ansprüche reduziert sich die Ungleichheit deutlich (DIW Berlin: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.538110.de/diw_sp0853.pdf; IW Köln: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/publikationen/2017/341554/Studie_Vermoegensverteilung_vbw.pdf)

Die Altersversorgungsansprüche für die normale Bevölkerung in Deutschland sind legendär schlecht – eine Entwicklung, die ebenfalls die CDU mit zu verantworten hat. Beispielsweise erhalten Rentner in Österreich vergleichbar 40% mehr Rente als in Deutschland. Die Verhältnisse bei den deutschen Renten verschlimmern die Lage also, die CDU hätte sich besser für ein anderes Argument entschieden.

Außerdem halten wir es für sinnvoll, weitere Faktoren zu betrachten, wenn man darüber urteilen will, wie sich die wirtschaftliche Lage der Menschen in Deutschland verändert hat. Für relevant halten wir folgende Punkte: Im Vergleich zu 2005 haben heute 5,5 Millionen mehr Menschen einen Job (Destatis: https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Erwerbstaetigkeit/Tabellen/inlaender-inlandskonzept.html) Im Vergleich zu 2005 sind heute 2,6 Millionen Menschen weniger arbeitslos https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/Aktuell/iiia4/alo-zeitreihe-dwo/alo-zeitreihe-dwo-b-0-xlsx.xlsx und https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201904/arbeitsmarktberichte/monatsbericht-monatsbericht/monatsbericht-d-0-201904-pdf.pdf)

Statt ein Argument gegen Rezos Vortrag zu finden, wie sehr Menschen in Deutschland verarmen, führt die CDU hier den Grund an, weshalb sie verarmen: das Hartz-4-Programm der Agenda-Politik, das SPD und Grüne gestartet und CDU/CSU und FDP fortgeführt haben. Die CDU findet hier keine sinnvolle Antwort, und bestätigt Rezos Kritik inhaltlich sogar.

Die Jugendarbeitslosigkeit wurde seit 2005 mehr als halbiert – von damals über 12 Prozent auf aktuell 4,7 Prozent (https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/Aktuell/iiia4/alo-zeitreihe-dwo/alo- zeitreihe-dwo-b-0-xlsx.xlsx).

Auch hier findet die CDU keine Antwort. Von der Statistik-Manipulation noch abgesehen, die immer wieder kritisiert wird, fällt der CDU nichts dazu ein, dass die meisten Leute immer ärmer werden, und die Reichen immer reicher. Klassische Armutsprobleme wie Obdachlosigkeit betreffen auch immer mehr Jugendliche.

Eine Vielzahl von Sozialleistungen sorgt dafür, dass vor allem Menschen mit keinem oder geringem Einkommen in Deutschland unterstützt werden. Mittlerweile gibt Deutschland jedes Jahr rund 1 Billion Euro für Sozialleistungen aus (Sozialbudget: https://www.deutschlandinzahlen.de/tab/deutschland/soziales/sozialbudget-sozialausgaben/sozialbudget).

Richtig ist, dass es in Deutschland Sozialleistungen gibt. Das hat auch niemand, auch nicht Rezo, bestritten. Das ist jedoch nicht das Ergebnis von CDU-Politik, sondern das Sozialstaatsprinzip ist in der deutschen Verfassung verankert. Rezo kritisiert deshalb konkret das, was sich aus der Politik der CDU tatsächlich ergibt: ob die Lage nämlich besser oder schlechter für die meisten Menschen wird. Und er hat recht: sie wird schlechter für die meisten. Die CDU geht darauf wiederum nicht ein.

Starke Schultern tragen weitaus mehr als schwache. Die oberen 10 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen zahlen rund 55 Prozent der Einkommensteuer. Die unteren 50 Prozent der Einkommensteuerpflichtigen zahlen nur 6,4 Prozent der gesamten Einkommensteuer (BMF, Datensammlung zur Steuerpolitik 2018, Tabelle 2.2.: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2019-02-05-datensammlung-zur-steuerpolitik-2018.pdf)

Die CDU weist darauf hin, dass die Armen kaum Steuern bezahlen, weil sie kein Einkommen haben, das man hoch besteuern könnte. Diese Plattitüde hat niemand bestritten. Auch Rezo hatte damit gar nicht argumentiert.

Und dann noch eine grundsätzliche Bewertung der Messung von arm und reich in Deutschland: Die oft angeführte Armutsgefährdungsquote (nicht Armutsquote) ist irreführend. Sie ist kein Indikator für Armut, sondern drückt nur die unterschiedliche Einkommensverteilung aus. Nach Logik dieser Quote würde die Armut nur dann verschwinden, wenn jeder nahezu das gleiche Einkommen hätte – dann befänden wir uns im Sozialismus. Und nach Logik dieser Quote gab es 1948 in Deutschland keine Armut, weil es allen gleichmäßig schlecht ging. Diese Betrachtungsweise führt auch dazu, dass es auf einen Schlag mehr Armutsgefährdete in Deutschland gäbe, wenn z.B. Jeff Bezos nach Deutschland ziehen würde. Im Vergleich zu ihm und seinem Vermögen gäbe es dann nämlich einige mehr von Armut gefährdetet Personen (http://www.rwi-essen.de/unstatistik/40/).

Auch diese Argumentation der CDU geht völlig an Rezos Kritik vorbei. Es mag ja sein, dass es unterschiedliche Meinungen zur Messgrösse namens “Armutsgefährdungsquote” gibt. Daran, dass die Lage in Sachen Vermögensverteilung für die Reichen immer besser und für die Armen immer schlechter wird, ändert das nichts.

Diese Betrachtung halten wir daher für irreführend. Sinnvoller als solch statistische Betrachtungen erscheinen uns für die Bewertung der Entwicklung unseres Landes daher andere Faktoren. Etwa die Frage, was man „sich leisten kann“: 1960 musste man noch durchschnittlich 346 Stunden und 45 Minuten für einen (schwarz- weiß) TV arbeiten. 2017 musste man nur noch 24 Stunden und 17 Minuten für einen (modernen 4K) TV arbeiten. Für einen Kühlschrank musste man 1960 noch 154 Stunden und 20 Minuten arbeiten, 2017 hingegen nur noch 31 Stunden und 15 Minuten. Für ein Kleid musste man 1960 noch 26 Stunden und 6 Minuten arbeiten, 2017 nur noch 5 Stunden und 9 Minuten (Deutschland in Zahlen 2018, Tabelle 6.7 (Kaufkraft der Lohnminute): https://www.deutschlandinzahlen.de/fileadmin/diz/content_data/Startseite/Printversion/DIZ2018_eBook.pdf)

Hier begibt sich die CDU klar in die Untiefen der unlauteren Argumentation mit Eristik: den Strohmann der (angeblich) schlechten “Armutsgefährdungsquote”, den sie selber gerade aufgebaut hat (Rezo hat damit nichts zu tun) fackelt sie nun ab. Die CDU dreht sich hier argumentativ nur um sich selber, und spielt ein inhaltliches Eingehen auf Rezos Argumente nur vor.

Heißt also: Heute können sich also sowohl der Hartz-IV-Empfänger als auch der Facharbeiter mehr leisten.

Diese Behauptung ergibt sich aus dem Vortrag der CDU nicht. Es handelt sich um einen Logikfehler der Kategorie Ex falso quodlibet: um eine grundlose Behauptung also, die fälschlicherweise als Schluss dargestellt wird. Sie ergibt sich durch die Verkürzung auf das Anschaffen eines Kühlschranks und eines Fernsehers. Dass früher ein alleinerziehender Facharbeiter nicht nur eine Familie mit Kindern ernähren konnte, sondern sogar Immobilienvermögen aufbauen, und dass das heute für die meisten Facharbeiter illusorisch geworden ist, verschweigt die CDU dagegen. Allerdings dreht sie sich argumentatorisch sowieso weiter im Kreis, und geht auch hiermit nicht auf Rezos Argumente ein.

Und eine Anmerkung zur Zunahme von Erbschaften: Grund für stetig steigende Erbschaften ist, dass seit einiger Zeit die Erblasser aus der „Wirtschaftswunder“-Generation der Nachkriegszeit kommen. Bis in die frühen 1990er Jahre gehörten die Erblasser zu einer Generation, deren Vermögensbildung noch durch zwei Weltkriege erschwert oder zerstört worden war. Die Erbschaften waren entsprechend gering. Steigende Einkommen und der Bauboom der 1960er und 70er Jahre ermöglichten einer breiten Masse eine erhebliche Vermögensbildung (DIA: https://www.empirica-institut.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen_Referenzen/PDFs/DIA_Studie_Erben_in_Deutschland_HighRes.pdf). Dass es heute eine starke Erbengeneration gibt, ist also auch Folge von über 70 Jahren Frieden in Deutschland und Europa. Ein Blick auf die nackten Zahlen berücksichtigt dies nicht.

Hier geht die CDU ausnahmsweise überhaupt auf ein Argument Rezos ein. Rezo benennt richtig, dass wer heute zu Vermögen kommt, dieses in der Regel nicht selbst erwirtschaftet hat, sondern als Erbe erhält. Die CDU führt richtigerweise an, dass es aufgrund der guten Lage in Deutschland auch etwas zu erben gibt. Allerdings bestätigt sie damit Rezos Argument unfreiwillig: denn der kritisiert ja insbesondere, dass es nicht mehr viele Leute gibt, die durch eigene Hände Arbeit Vermögen bilden können – was die CDU durch den Hinweis auf die Zeit, als das noch möglich war, unfreiwillig bestätigt.

Statt „Zerstörung“ sehen wir weitere positive Entwicklungen: Steigende Lebensqualität in Deutschland

  • Steigende Beschäftigungsquote bei Frauen

  • Wachsendes Bruttoinlandsprodukt

  • Steigende Tarif- und Bruttoverdienste

  • Steigende Nettoeinkommen

  • Steigende Renten

Die CDU bleibt hier beleglos – wohlweislich, wie man sagen muss. Denn tatsächlich steigen die Nominalwerte der Einkommen und Renten beispielsweise an – während deren Realwerte stagnieren oder sogar sinken. Es ist der alte Trick vieler Politiker zu versuchen, damit durchzukommen, unter der Annahme, die Bürger verstünden nichts von Volkswirtschaftslehre, und man könne sie mit den Begriffen verwirren.

Dass die CDU zu solchen Tricks greift, zeigt, dass Youtuber Rezo genau ins Schwarze getroffen hat: denn wenn der CDU nichts einfällt, als alte Halbwahrheiten mantraähnlich zu wiederholen, so geht der Punkt für die Diskussion in Sachen Wirtschaft hier eindeutig an den Kritiker.

(Weiter im Teil 2: Bildungspolitik)