Gilets Jaunes und Gilets Rouges – Der Klassenkampf in Frankreich unter besonderer Berücksichtigung des Deutschlandproblems
Hilfe, Querfront, Polizei! – Frühzeitig war man sich in Deutschland vom linksliberalen Milieu bis in nationalrevolutionäre Kreise einig: Die Gilets Jaunes sind irgendwie rechts, schließlich sind da wütende Menschen, die behaupten, das Volk zu sein, dann schlägt sich noch die Frontfrau des rechtsradikalen Rassemblement National (ehem. Front National) Marine Le Pen auf ihre Seite, und wer weniger Ökosteuer zahlen will, hasst offensichtlich die Umwelt. Für erstere war das ein willkommener Grund, mit einer Mischung aus Ekel und Angst auf den randalierenden Pöbel in ihren etwas lächerlichen Leiberln zu blicken, für letztere die Hoffnung auf einen fahrenden Zug, auf den man nur noch aufspringen müsse, um den ersehnten, reinigenden Bürgerkrieg in Deutschland zu entfachen, und kaum standen die ersten Pegida-Hanseln in gelben Westen verloren auf deutschen Straßen herum, sahen sich die erstgenannten in ihrem Vorurteil bestätigt.1 Tatsächlich waren bereits zu diesem frühen Zeitpunkt sehr wesentliche Unterschiede zwischen den aufkommenden Massenprotesten in Frankreich und der deutschnationalen Pegida-Bewegung eigentlich offensichtlich: Im einen Land gingen nämlich Hunderttausende auf die Straße, um sich massenhaft gegen die himmelschreiende Ungerechtigkeit zu wehren, dass das Proletariat die Folgekosten der Umweltzerstörung tragen soll, während die Hauptverantwortlichen der Misere, die Kapitalistenklasse, mit gigantischen Steuersenkungen beschenkt wird, für höhere Löhne und ein einigermaßen würdiges Dasein – im anderen Zehntausende, weil sie keine Ausländerinnen und Ausländer wollen. Das letztgenannte Land ist Deutschland, und weil man in Deutschland bis auf weiteres als Alternative zu sozialpartnerschaftlicher Friedhofsstille nur die völkische Bewegung kennt, fällt es hier offenbar schwer, den Klassenkampfcharakter im Aufstand der Französinnen und Franzosen zu erkennen.