Wiens Angriff auf die Grundlagen des Sozialstaates
Einen Tag vor der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes feierte Bundeskanzler Sebastian Kurz gemeinsam mit seinem Vorgänger Bojko Borissow und Ratspräsident Donald Tusk auf 1900 Meter Seehöhe die Stabsübergabe von Bulgarien an Österreich. Keine 100 Zuseher hatten sich neben den paar Dutzend geladenen Gästen auf den Schladminger Hausberg Planai verirrt; bei der Ankunft der EU-Granden waren die Kamerateams in der Überzahl. Wenige Tage später trat dann EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Wien an der Seite des 31-jährigen österreichischen Regierungschefs vor die Presse und lobte den Jungspund für seine „pro-europäische Haltung“. Auf der riesen Plakatwand hinter den beiden, die im Tagungsort „Austria Center“ aufgespannt war, kreuzten Segelboote am Attersee und vermittelten eine Idylle, die sich nur wenige leisten können. Auch in Wien vermied das Ratsprotokoll den Kontakt mit der Bevölkerung.