Das Simon-Wiesenthal-Zentrum erweist dem Kampf gegen Antisemitismus einen Bärendienst
Anti-Semitismus ist ein ernstes Problem, ja auch heute noch in vielen Teilen der Gesellschaft und in vielen Ländern der Erde. Die Hetze gegen Juden, die immer noch stattfindet, ist unerträglich. So mancher Zeitgenosse verhält sich, als habe man die Verbrechen des Nationalsozialismus gar nicht zur Kenntnis genommen. Entsprechend wichtig ist die Arbeit, auch weiter über Antisemitismus aufzuklären und diejenigen anzuprangern, die gegen Mitmenschen hetzen, die nichts verbrochen haben ausser zur scheinbar “falschen” Volksgruppe oder Kultur zu gehören. Wie gefährlich Antisemitismus ist, ist historisch leider nicht nur im Nationalsozialismus belegt – dort fand er nur seinen traurigen Tiefpunkt in der Vernichtung Millionen unschuldiger Menschen.
Es wäre deshalb gut, wenn das Simon-Wiesenthal-Zentrum sorgfältiger mit dem Thema umgehen könnte. Denn mit seinem aktuellen Bericht 2018 Top Ten Worst Global Anti-Semitic Incidents (Sicherungskopie) erweist das Institut dem Kampf für die gute Sache einen Bärendienst. Obwohl mit der Aufdeckung der Akten der “Integrity Initiative” nachgewiesen ist, dass der britische Oppositionspolitiker Jeremy Corbyn nur propagandistisch verleumdet wurde, wird derselbe im Bericht des Simon-Wiesenthal-Zentrums fälschlicherweise angeprangert. Auch der Kritiker der israelischen Regierung, der englische Musiker und Pink-Floyd-Mitgründer Roger Waters, wird als angeblicher Antisemit aufgeführt. Kritik an der Rechtsregierung des israelischen Politikers Benjamin Netanjahu, der in Israel selbst harscher Kritik wegen seines Korruptionsskandales ausgesetzt ist, ist auch dann kein Antisemitismus, wenn sie von einem Nichtjuden wie Waters ausgesprochen wird – sondern sie ist auszuhalten. Ich teile den Standpunkt Waters' nicht, aber das liefert noch lange keinen Grund, ihn zum führenden Antisemiten zu erklären.
Das Handeln des Simon-Wiesenthal-Zentrums birgt eine grosse Gefahr. Die Glaubwürdigkeit des Instituts wird so unnötig aufs Spiel gesetzt. Dabei ist sie sehr wichtig, denn der Kampf gegen Antisemitismus ist längst nicht vorbei – im Gegenteil, er bleibt leider auch in Zukunft weiter bitter nötig.