Putsch 2.0 in Kiew: “so stellt sich gleichwohl die Frage, wer Saakaschwili finanziert”
Ukrainische Medien tippen auf Teile der ukrainischen Geschäftswelt, die mit dem Gebaren Poroschenkos unzufrieden sind. Genannt wird insbesondere der Name von Igor Kolomojskij, dem 2015 von Poroschenko ins Abseits gedrängten Exbesitzer der »Privatbank« und zahlreicher Industrieunternehmen. Dabei ergeben sich auf den ersten Blick seltsame Koalitionen. So übertrug ein Kiewer Fernsehsender, der einem der ehemaligen »Partei der Regionen« nahestehenden Oligarchen gehört, vergangene Woche als einziger eine Demonstration von Saakaschwili-Anhängern live. In einer anschließenden Diskussion nannte der Besitzer des Kanals den Euromaidan einen Staatsstreich. Dies wiederum rief Militante unbekannter Zuordnung auf den Plan, die den Sender das Wochenende über belagerten und eine Entschuldigung verlangten. Abgeordnete der Regierungskoalition verlangten, die »Herabwürdigung« des Euromaidan unter Strafe zu stellen.
Dies und das tölpelhafte Vorgehen der Sicherheitskräfte, wenn es wirklich um die Fahndung nach Saakaschwili gegangen sein sollte, weckt bei ukrainischen Beobachtern schon Assoziationen an die letzten Amtswochen von Poroschenko-Vorgänger Janukowitsch. Einstweilen fehlt aber den Demonstrationen der Saakaschwili-Anhänger sehr deutlich die für einen Regimewechsel erforderliche kritische Masse. In dem Zeltlager vor dem Parlament kampieren, großzügig gerechnet, einige hundert Personen; die erwähnte Demonstration von Unterstützern des Georgiers letzte Woche in Kiew versammelte nach Angaben der Polizei 2.500 Personen. Aber schon sah sich die Kiewer US-Botschaft zu einem Statement veranlasst: Man verfolge die Situation aufmerksam und erwarte, dass die Vorwürfe gegen Saakaschwili auf rechtsstaatliche Weise und ohne Gewaltanwendung geklärt würden. Das ist noch leise, aber schon deutlich.