Getrennte Lebenswelten
Sahra Wagenknecht und Katja Kipping repräsentieren gesellschaftliche Gruppen, die sich nichts mehr zu sagen haben
Wagenknecht versucht, diejenigen im Wahrnehmungshorizont linker Politik zu halten, die gefühlt als Einzige für die »Willkommenskultur« bezahlen müssen. Das führt die Politikerin manchmal in rhetorisch gefährliche Fahrwasser, sie vertritt aber eine in der Diskussion kaum präsente Perspektive. Wenn Geflüchtete, obgleich sie studiert haben, in Deutschland als Putzkräfte oder in anderen mies bezahlten Jobs arbeiten müssen, dann erhöht das den Druck auf das Lohnniveau der sogenannten Geringqualifizierten. Diese Menschen über den Umweg einer Kritik an Wagenknecht als Rassisten zu beschimpfen, das wird keiner linken Partei helfen.
Für Kippings Anhänger erhöht Migration die Lebensqualität, weil sie beispielsweise sicherstellt, dass in Berlin-Neukölln weiterhin Schnellrestaurants exotische Gerichte zu günstigen Preisen anbieten. Zugleich können Geflüchtete für diese Leute eine Wohlfühlprojektionsfläche bleiben. Im Gegensatz zum »einheimischen« Proletariat ist es Flüchtlingen unmöglich, die Linken mit Liebesentzug zu bestrafen, weil sie ihre komplexen Bedürfnisse nicht in die Gesellschaft einbringen dürfen.