Deconstructing “Wonder Woman”
War ich, als zwölfjähriger Comic-Verschlinger, eigentlich in Wonder Woman verliebt? Eher nicht. Diana Prince war furchtbar amerikanisch, hatte immer einen pädagogisch-moralischen Erbauungsspruch parat, und dann war da noch dieser uniformierte Langweiler als Freund, Steve soundso. In den siebziger Jahren aber schaute Diana Prince in den Spiegel und entdeckte, dass sie eine Frau war. Ich meine, Superheld und Frau. Wenn Superheld ein Beruf ist, dann ist ja klar: Eine Frau muss immer noch besser sein, um den gleichen Status wie ein Mann zu erreichen. Aber was ist schon „besser“ im Beruf des Superhelden? Vielleicht ist Superheld doch eher Schicksal. Was das anbelangt, hat es Wonder Woman schwer erwischt. Sie ist geworfen aus einer irgendwie altgriechischen Amazonenwelt in das Desaster liberalkapitalistischer, militärtechnizistischer, protestantisch-verklemmter Männlichkeit. Man weiß nie genau, ob Wonder Woman diese Welt von ihren Feinden bewahren muss. Oder doch eher vor sich selbst.
Und dann noch dieses Kostüm! Es ist, so wurde uns in den sechziger Jahren erklärt, „inspiriert“ von den Farben der amerikanischen Fahne. Die Spuren von Steve, dem Langweiler, dem US-Offizier und Agenten, auf Dianas Körper. Die ist sie, trotz aller Design-Kapriolen, nie ganz losgeworden. Und zugleich griechische Heldin und amerikanischer Nationalkörper zu sein, welche Superheldin hält so was schon aus?