Eine Sache nationalen Interesses
Vor dem Hintergrund drastischer Warnungen vor einem möglichen Zerfall der EU bemüht sich Berlin, die Bildung von Gegenmacht in der Union zu verhindern. “Die Europäische Union driftet in einem Maße auseinander, das sich vor 15 Jahren kaum jemand vorstellen konnte”, heißt es exemplarisch in einer aktuellen Analyse eines Präsidiumsmitglieds der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Sorgen riefen die “Trennlinien” zwischen dem Norden und dem verarmenden Süden sowie zwischen den westlichen und den östlichen EU-Mitgliedstaaten hervor. Um einen südeuropäischen Block gegen die deutsche Austeritätspolitik zu verhindern, bemüht sich Berlin insbesondere um die Einbindung Frankreichs in seine EU-Politik. Um ein Bündnis der Visegrád-Staaten gegen die deutsche Dominanz zu unterminieren, hat die deutsche Kanzlerin gestern die engere Kooperation mit Tschechien und der Slowakei gesucht. Die Maßnahmen gehen mit einem verstärkten Werben für die EU innerhalb der Bundesrepublik einher. Erst kürzlich hat Außenminister Sigmar Gabriel erläutert, weshalb der deutsche Nettobeitrag zum EU-Haushalt letztlich “mehrfach” Deutschland zugute kommt: Die Exporterfolge der deutschen Industrie hingen davon ab, dass sich “die Menschen in anderen EU-Ländern” deutsche “Produkte leisten können”; dazu trügen die Brüsseler “Fördertöpfe” bei.