Im Namen Europas
Neue Appelle zum engeren Schulterschluss der EU haben das erste Gespräch der deutschen Kanzlerin und des neuen US-Präsidenten begleitet. Zwar hieß es nach dem Telefonat am Samstag, beide Seiten wollten die bilateralen Beziehungen weiter “vertiefen”. Berlin bereitet sich dennoch darauf vor, eigene Interessen gegenüber Washington offensiv durchzusetzen – auch mit Hilfe der EU. Diese müsse deswegen nun endlich “zusammenstehen”, fordern führende deutsche Politiker. Am Samstag hat Außenminister Sigmar Gabriel im Rahmen seiner ersten Auslandsreise im Amt seinen Pariser Amtskollegen Jean-Marc Ayrault besucht und dabei energisch darauf gedrungen, “dass Deutschland und Frankreich möglichst überall gemeinsame Positionen vertreten”. Die Äußerung zielte auch auf Geschlossenheit innerhalb der EU: Während Gabriel sich in Frankreich aufhielt, kamen die Staats- und Regierungschefs sieben südlicher EU-Staaten, unter ihnen der französische Staatspräsident, in Lissabon zusammen, um eigene Positionen nicht zuletzt in der Wirtschaftspolitik festzulegen. Parallel konstatieren Beobachter aus Anlass der jüngsten USA-Reise der britischen Premierministerin Theresa May, mit dem britischen EU-Austritt entstehe “in Europa ein zweiter geopolitischer Pol”; das sei “für Deutschland, das sich angewöhnt hat, im Namen Europas zu sprechen, ... keine gute Entwicklung”.