FAZ, nimm das: Was die reichen Deutschen mit ihrem Ersparten tun sollten? – Alternative für Deutschland: Applaus für die Oberfläche
Die AfD ist ja ein netter, hilfloser Versuch – oder wäre das ohne die Beteiligung von Rechtsextremisten
Ali kommentiert in den Science Blogs:
Als eidgenössischer Beobachter deutscher Politik fällt es mir etwas einfacher, skurrilere Phänomene an den Rändern mit einer gewissen Distanz zu betrachten. Etwas das beim heimischen Politbetrieb mir in der Regel mehr Selbstbehrrschung abverlangt. So ging es mir auch mit der Parteigründung der “Alternative für Deutschland” (AfD). Das der Euro ein Bonbon für Populisten ist habe ich kürzlich hier angesprochen. Was mich aber doch faszniert ist, wie hier eine Alternative beworben wird ohne laut auszusprechen, was diese Alternative ist. Ich glaube nicht, dass sie vielen gefallen würde.
Ich finde es erstaunlich, dass sich so viele Ökonomen hergeben für einen solchen Unsinn wie die AfD. Unsinn ist die AfD, weil sie (wie der Blogautor richtig beobachtet) zwar populistische Forderungen stellt, aber nicht erklärt, wie diese überhaupt zu erfüllen wären.
Tatsächlich werden die Probleme der Währungsunion in Deutschland nicht nur von der AfD nicht angesprochen, und es gibt auch nicht nur von der AfD keine konkreten Vorschläge zu deren Lösung. Im Gegenteil, alle Parteien (mit Ausnahme der Linkspartei) adressieren erstaunlicherweise das Thema nicht. Die politische Diskussion in Deutschland geht an der Sache vorbei.
Richtig ist im Artikel angeführt, dass mit einer Währungsunion nicht mehr über das Auf- und Abwerten von Währungen ein Ausgleich für unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen gemacht werden kann. Da gibt es dann nur zwei Möglichkeiten:
Entweder müssen sich ab da alle Staaten auf Dauer in etwa gleich entwickeln. Das bedeutet die Vereinbarung eines gemeinsamen Inflationszieles. Das ist passiert: 2% wurden vereinbart. Daran hat sich allerdings nur Frankreich gehalten – Italien, Portugal, Spanien und einige andere liegen darüber, Deutschland und Österreich liegen ständig darunter. Somit lässt sich eine immer grössere Spannung im Euroraum nicht vermeiden.
Oder aber es wird zur zweiten Methode gegriffen, wie sie auch in der Schweiz auf allen Ebenen genutzt wird: dem horizontalen Finanzausgleich. Der ist aber verteufelt worden und in der Folge verworfen, bevor die Währungsunion überhaupt gestartet wurde.
Will man den Euro behalten, so müssen die bereits entstandenen Ungleichgewichte wieder aufgehoben werden: das bedeutet, Italien, Spanien, etc. müssen etwas kürzer treten, Zurückhaltung üben. Es bedeutet aber auch, Österreich und insbesondere Deutschland müssen endlich mit der Niedriglohnpolitik aufhören, und über einen längeren Zeitraum die Löhne mehr erhöhen als die anderen Euroländer. Das wiederum will in Deutschland politisch niemand wahrhaben – mit Ausnahme wiederum der Linkspartei.
Stattdessen passiert in Deutschland und in der EU etwas anderes: die politische Diskussion wird von allen Seiten emotionalisiert. Es werden Schuldige für die Fehlentwicklung gesucht. Das sollen aber nun nicht die politischen Führer sein, die tatsächlich vom Inflationsziel abgewichen sind. Sondern es wird in der Gesellschaft breit darüber schwadroniert, wie die “faulen Südländer” den Euro kaputt machten. Diese bis in den ungesunden Nationalismus gehenden quasi-rassistischen Vorwürfe bereiten den Nährboden für eben jene AfD, und sind auch der Grund für deren Rechtsextremismus-Probleme.
Der Austeritätskurs, den EZB und Deutschland nun Spanien, Italien, Portugal etc. aufzwingen, wird wiederum gar nichts lösen, sondern verstärkt nur die Krise ins Unermessliche. Dessen katastrophale Auswirkungen, was Arbeitslosigkeit, Marktentwicklung und dadurch letztlich sogar die Staatsverschuldung der betroffenen Länder betrifft, sind nicht mehr zu übersehen.
Aber alle Warnrufe seitens Ökonomen, die ihre Contenance noch nicht verloren haben, verhallen ungehört: Austerität (und nicht etwa gemässigte Zurückhaltung) soll es nun sein. Es ist schon bemerkenswert, dass niemand zu bemerken scheint, wie die Staatsschulden genau der Länder immer höher werden, die zwar ihre Ausgaben rigoros zurück geschraubt haben, dadurch aber auf der Einnahmenseite durch das Abwürgen ihrer Wirtschaft mehr verlieren als sie auf der Ausgabenseite einsparen können.
Ich persönlich hätte gedacht, dieser historische Fehler Reichskanzler Brünings müsste den heutigen Politikern noch im Gedächtnis sein. Doch weit gefehlt.
Und so nimmt das Unglück seinen Lauf…