>b's weblog

News. Journal. Whatever.

Ohne KommentarHacking!

Ein Abgrund von Landesverrat

Bundesrichter Thomas Fischer nimmt in seinem Kommentar in der Zeit keine Gefangenen:

Wurde im BGH heimlich Cannabis ausgegeben? Hat Chefkoch Udo Zwernemann, Herr des höchstrichterlichen Hackbratens im Kasino des BGH, eine Prise Lysergsäurediäthylamid unter die Pfifferlinge gemischt? Hat, ohne dass es die Frankfurter Rundschau mitbekommen hätte, eine radikale Minderheit sogenannter “Rebellen” die Macht übernommen, die auf dem Weg des “Zehnaugenprinzips” infrage stellen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf?

Oder sollte da am Ende doch nur ein Club von Sancho Pansas in den Kampf gezogen sein, die gemeinhin bei jedem obrigkeitlichen Windhauch den Kopf zwischen die Ohren ziehen? Der Kolumnist ist Mitglied des genannten Vereins. Er ist nicht befragt worden, ob die historisch einmalige Verlautbarung auch in seinem Namen erfolgen könne. Er wird seinen Austritt aus dem Verein erklären.

Wie auch immer: In den vergangenen 70 Jahren hat es etwas Vergleichbares nicht gegeben. Darf man es “Staatskrise” nennen, wenn der Generalbundesanwalt und der Verein der Bundesrichter öffentlich den Justizminister der versuchten Nötigung und versuchten Strafvereitelung beschuldigen? Ich denke schon. […]

Wann immer, so mein Eindruck, an den Tischen der bundesgerichtshöflichen Kollegenschaft das Akronym “NSA” fiel und das Wort “Generalbundesanwalt” und der Begriff “Legalität”, senkten sich die Köpfe rasch über die Salatsauce und die Fusilli siciliana. Und wenn drei Richter aus einem Strafsenat (also eine Minderheit von einem Zwölftel der allerobersten Rechtsstaatsfreunde) öffentlich meinen, die Praxis der Revision sei unverantwortlich geworden, weil die Politik seit 25 Jahren die notwendigen Ressourcen verweigere, ist ein Hinweis auf die ewig unüberwindliche Macht das bei Weitem Freundlichste, was man erleben darf. […]

Das führt mich an den Anfang zurück: Was ist “Staatsmacht”, was ist “Pressefreiheit”, was “Verhältnismäßigkeit”? Mit kommt es vor, als ob “die Presse”, in welcher Form auch immer, eine absurde Macht über die Definition der Wirklichkeit und Wahrheit erlangt habe, in demselben Maß, in welchem ihre Glaubwürdigkeit und soziale Verbundenheit mit dem Bürger schwindet. Das Bild der Wirklichkeit ist eine wichtigere Nachricht als die Wirklichkeit selbst. Journalisten, deren intellektuelle Fähigkeiten und Fachkenntnisse gerade eben zum Zubinden der Schuhe und zum Auftragen von Mascara ausreichen, erklären Hunderttausenden von Medien-Konsumenten die Welt (wie sie ihnen oder ihren Marionettenspielern gefällt). Jede Kritik daran gilt als Angriff auf die Wahrheit. Jeder Bild-Reporter ist ein Freiheitskämpfer, und jeder Schnösel aus dem “Vermischten” ein legitimer Nachfolger von Karl Kraus. Vom Recht und seinen Darstellungen wollen wir gar nicht sprechen.

Absolute Leseempfehlung! ;-) Siehe dazu auch die Presseerklärung Fischers zu seinem Austritt aus dem Verein der Bundesrichter und Bundesanwälte beim Bundesgerichtshof.

Zurück zum Blogindex