Gutachten zum Flughafen: BER rechnet sich auch “nach Inbetriebnahme” nicht – Slawjansk: Kein Wasser, kein Strom und zwei tote Kinder
Auch Propaganda kann selbstbezüglich werden: westliche Propaganda über böse Russenpropaganda
Selbstverständlich treffen die Vorwürfe ins Schwarze. Ja, es gibt eine massive russische Propaganda. Es ist allerdings bemerkenswert, wie es die ARD mal wieder schafft, jegliche Selbstkritik wegzulassen, und den Blick ausschliesslich auf russische Propaganda zu lenken – als hätte der Westen hier nichts zu bieten ;-) Tatsächlich sollte sich “Svetlana aus Kiev” auch einmal ein paar kritische Gedanken machen, weshalb sie allen Ernstes glaubt, das hätte mit den USA gar nichts zu tun, wie es zu ihrem neuen Regierungschef gekommen ist…
Journalismus wäre es gewesen, liebe Tagesschau, über die Propaganda auf beiden Seiten kritisch zu berichten und darüber, wie schwierig es ist, noch an gute Informationen zu kommen. So ist der Beitrag leider selbst nur ein einseitiges Propaganda-Machwerk.
Man kann aber auch als Journalist aus Propaganda Honig saugen – indem man sie analysiert.
Ihr zeigt hier eine blonde Frau, die so auch in Berlin oder Paris anzutreffen ist. In Euren Bildern vermeidet Ihr es konsequent, kyrillische Buchstaben zu zeigen. Die Bildausschnitte sind so gewählt. Das iPhone Svetlanas ist so gezeigt, dass nur die arabischen Ziffern sichtbar sind, jedoch der Text in der Spiegelung verschwindet. Damit erreicht Ihr, dass der Zuschauer Svetlana “europäischer” sieht, und nicht Russland zuordnet, schon aufgrund des anderen Alphabets.
Euer Propaganda-Machwerk beginnt wie jedes gute mit einer Emotionalisierung. Damit sich der Zuschauer mit der Message der Sendung anfreunden kann, bekommt er zunächst einmal eine sympathische, junge Frau gezeigt, mit der er sich identifizieren kann. Dort kommt gleich der Hinweis auf den dummen Onkel in Russland, der völlig beeinflusst ist von den dortigen Medien, und mit dem man nicht mehr sprechen könne.
Dann wird übergeleitet auf Youtube-Videos. Es wird erzählt, das russische Fernsehen habe sie ausgestrahlt, und falsch zugeordnet. Im Klartext: die Tagesschau wirft dem russischen Fernsehen genau das vor, was sie selbst mit dem Kampfhubschrauber-Video gemacht hat:
Im Interview mit den Machern von stopfake.org wiederum werden jegliche kyrillischen Buchstaben vermieden. Interessant finde ich auch die Aussage mit den “professionellen Hacker-Angriffen” – ein Phänomen, dem ja schon jeder Webshop unterliegt. Die werden skandalisiert; es wird dabei aber darauf verzichtet zu berichten, was genau passiert. Nun kommt das Feigenblatt: nebenbei wird erwähnt, dass sich die “Absolventen” auch mit “ukrainischer Propaganda” beschäftigten. Jetzt kann doch niemand mehr sagen, der Bericht sei einseitig ;-) Der “Hackerangriff”, der live gezeigt wird, ist natürlich wieder vom bösen Russen, und wird von einem “Reserveoffizier” abgewehrt – mit dem Telefon. Jetzt ist Schluss mit Feigenblättern, jetzt gehts in die Vollen. Auch darf man zum ersten Mal kyrillische Buchstaben sehen, auf der Homepage der drei Militärs. Ein “Militärjournalist” darf seine Sicht des Propaganda-Krieges darstellen. Schade, dass die Story an der Stelle einen kleinen Logikfehler hat – denn wie kann man “eigene Gefangene” freipressen, indem man zeigt, wie man Gefangene erschiesst? Die Geschichte endet natürlich mit der Aussage, dass alles nur deshalb gemacht wird, um den “ukrainischen Staat zu erpressen”.
publiziert Thu, 12 Jun 2014 08:08:34 +0200 #medienkritik #propaganda