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Schweiz: Mortalität nach Altersgruppen

Schweiz: Mortalität nach Altersgruppen, 1971-2020 (Daten: BFE)

Ist die Mortalität der Schweizer Senioren 2020 vergleichbar mit den Vorjahren?

Dr. Pietro Vernazza, Chefarzt für Infektiologie und Gewinner des Medinside-Awards 2020, argumentierte in einem Interview, dass die Mortalität in der Altersgruppe 65+ in der Schweiz im Jahr 2020 vergleichbar sei mit den Jahren 2013 und 2015, da diese Altersgruppe in den letzten Jahren stark gewachsen ist. Epidemiologie-Professor Matthias Egger, der ehemalige Leiter der Schweizer Corona-Taskforce, interpretierte Vernazzas Aussage als “es gab 2020 keine Übersterblichkeit in der Schweiz” und kritisierte das auf Twitter als falsch. Ein Tamedia-Journalist sprach sogar stilgetreu von “realitätsfremder Verschwörungstheorie”.

Doch tatsächlich ist Vernazzas Aussage korrekt (siehe Grafik oben): Die Mortalität in den Altersgruppen über 65 lag 2020 auf dem Niveau von 2012/13 und 2015 (die finalen Zahlen, die Vernazza noch nicht hatte, liegen leicht über diesen Jahren). Der Grund ist das starke Wachstum dieser Altersgruppen in den letzten Jahren (+22% seit 2010). Da der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung ebenfalls zunahm, resultierte daraus 2020 insgesamt eine sehr deutliche Übersterblichkeit (das “Gegenargument” von Professor Egger).

Ergänzt werden muss allerdings, dass das Coronavirus insbesondere in der Altersgruppe der 80 bis 89 Jährigen zu einem klaren Trendbruch in der zuvor sinkenden Mortalität führte (siehe Grafik unten), auf die ein ökonomisch “optimiertes” Gesundheitssystem in einer zunehmend älteren Gesellschaft nicht mehr vorbereitet ist. Dennoch wurden Schutz, Prophylaxe und ambulante Frühbehandlung von Senioren in der Schweiz erstaunlicherweise weitgehend ignoriert. Die Corona-Antikörper-Seroprävalenz liegt in der Schweiz zudem erst bei etwa 20%.

In den Altersgruppen unter 70 besteht in der Schweiz tatsächlich keine Übersterblichkeit. Das Hauptrisiko besteht hier in möglichen Long-Covid-Effekten, die laut den besten bisherigen Studien 2% bis 10% der Infizierten länger als drei Monate betreffen, und die in den schlimmsten Fällen zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität auch bei jungen Erwachsenen führen können. Aus Public-Health-Sicht könnte dies mittel- und langfristig womöglich einer der wichtigsten Aspekte der Corona-Pandemie sein.

(Quelle: SPR)