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Aleppo: UN beschuldigt die syrische Armee, Gräueltaten begangen zu habenAn inside Account of Madeline Albright's Campaign to Reshape the New American Century

Journalisten regieren mit?

Die eine These lautet, dass Journalisten (nicht immer, aber immer öfter) Grenzen überschreiten; statt über Politik zu berichten und sie zu kommentieren, regieren sie mit (oder versuchen es), greifen also auf anmaßende und illegitime Weise ins politische Geschehen ein. Die zweite These besagt, dass Journalisten nie befürchten müssen, für solches Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen zu werden; sie seien, wie Meyer sagt, “unbelangbar”.

Das berichtet Ulrich Teusch auf Telepolis über Thomas Meyers Buch “Die Unbelangbaren”. Ich sehe das anders. Journalisten werden gelenkt und benutzt.

Gefährlich ist der Journalist, der frei ist zu berichten, was ihm beliebt, und wie ihm beliebt. Deshalb werden Journalisten in Abhängigkeit gebracht.

Bei den Alpha-Journalisten ist es die Korruption – sie werden in die Machtnetzwerke eingebunden. Das kommt dem “Mitregieren” noch am nächsten. Die allermeisten Journalisten sind jedoch keine Alpha-Journalisten. Letztere sind nur sehr wenige Ausnahmen. Die meisten werden über die Prekarisierung in finanzielle Abhängigkeit gebracht, und so kurz gehalten, dass sie auf den nächsten Auftrag dringend angewiesen sind. So bleiben sie lenkbar. Schreibt jemand nicht vom bösen Putin, ist er raus – und schreibt überhaupt nicht mehr.

Die Macht wird von denen, die die Machtzirkel organisieren, über die Alpha-Journalisten nach unten ausgeübt.

Es wird ein starkes Narrativ gesetzt und die herrschende Ideologie vertreten. Die Steuerung erfolgt nicht durch Journalisten, sondern durch PR-Leute. Ganz offensichtlich sind Profis am Werk: es ist kein Zufall, dass der Beginn der Ukraine-Krise (eigentlich der Putsch in Kiew auf den gewalttätigen Maidan-Demos unter Scharfschützenfeuer, durchgeführt mit Unterstützung von Neonazi-Kampftruppen) nach hinten zur “Annexion der Krim” verlagert wird. PR-technisch werden hier alle Ereignisse vor dem Anschluss der Krim an Russland ausgeblendet. Wird die Geschichte wieder und wieder und wieder wiederholt, setzt sie sich in den Köpfen des Publikums fest. Die Leute beginnen zu vergessen, dass vor der “Annexion der Krim” überhaupt etwas war. Mit diesem Spin wird Russland zum Aggressor.

Die Dinge kommen nun zusammen. Wer nicht von der “Annexion der Krim” schreibt, schreibt gar nicht mehr. Das offizielle Narrativ ist einzuhalten. So wird ein Framing betrieben: es wird ein Deutungsrahmen gesetzt, und Journalisten können nur noch innerhalb dieses Deutungsrahmens agieren. Damit ist die Richtung vorbestimmt, und die Texte sind wirklich nur noch Detailausführungen des gewünschten, von der PR vorgegebenen Narratives.

Diese Machtstrukturen kombinieren nun mit der Unterwanderung der ehemals linken Parteien. Denn deren ehemalige Machtposition wird nun mit unterwandert. Und statt dass in einem Fernsehrat unterschiedliche Parteien vertreten sind, ist es jetzt immer dieselbe unter jeweils einem anderen Namen. Die Ausgewogenheit des ÖR wird so ausgehebelt, mit dem bekannten Ergebnis. Auch im ÖR wird das offizielle Narrativ zur Primetime und durch die Anchors inzwischen zu 100% gleichgeschaltet vertreten.

Die kleinen Zeitungen verarmen, werden dann aufgekauft, und “kostengünstig” betrieben. Im Ergebnis kommen breitflächig in den Zeitungen vollautomatische Zeitungsgleichschaltungssysteme wie das “Redaktionssystem Content-X mit integriertem Themenplaner dpa agenda” zum Einsatz. Hier genügt ein Mausklick, und die Zeitung ist fertig – sowohl von der Themenauswahl als auch vom Narrativ her gleichgeschaltet.

Über den Kostendruck wird so breitflächig bis hin zu grossen Zeitungen und Magazine eine im Wortsinne Gleichschaltung der Texte, Bilder und Videos erreicht. Systeme wie “Content X” sind die konsequente Fortsetzung des Konzeptes der Nachrichtenagenturen: es gibt nur noch eine Sichtweise, weil es überhaupt nur “Content” aus einer einzigen Quelle gibt. Dieser “Content” wird nun hundertfach in verschiedene Medien repliziert, die ihn dann Millionenfach an das Publikum aussenden – auf Knopfdruck.

(Letzteres kann man übrigens leicht testen. Nehmt einfach von einem typischen Mainstream-Artikel einen etwas holprigen Satzteil, den man besser anders geschrieben hätte, und googlet denselben in doppelten Anführungszeichen – das gibt eigentlich immer hunderte Treffer in völlig unterschiedlichen Medien.)

Die Journalisten regieren also keinesfalls mit. Im Gegenteil, sie sind grösstenteils Zahnrädchen in einer Medienmaschinerie zur Ausstrahlung gleichgeschalteter Propaganda. Allenfalls Ausnahmejournalisten wie Karin Leukefeld, Gaby Weber oder Jürgen Todenhöfer schaffen es noch, sich dem zu entziehen. Es wird jedoch immer schwieriger, weil der Druck weiter erhöht wird.

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