>b's weblog

News. Journal. Whatever.

Hollandes Versprechen, militärisch auf den Amoklauf in Nizza zu reagieren, setzt nur den Teufelskreis von Terror und Krieg fortEndlich – Erdogan stellt Demokratie wieder her!

“Da wird Dir bei näherem Hinsehen dann das Lachen im Halse stecken bleiben” – meine Antwort an “demon driver” zum Thema Ketzerei

Mir gehen Kampfbegriffe wie “Verschwörungstheoretiker” bekanntlich auf den Keks. Warum das so ist, zeigt dieser Ausschnitt einer Diskussion im Heiseforum. demon driver schrieb am 16.07.2016 13:41:

Ja, so langsam kristallisieren sich in dieser Diskussion unsere Differenzen heraus ;-)

Es mag sein, dass der Vorwurf des "Verschwörungstheoretikers" auch schon mal vorschnell kommt, aber ich sehe es eher als Problem an, wenn jeder solche Vorwurf, egal wie begründet und angebracht er im konkreten Fall auch sein mag, schon vorab über die Gleichsetzung mit dem "Ketzer" (in meinen Augen eine argumentfreie, begründungslose Immunisierungstaktik) zu erschlagen versucht wird...

Vermutlich liegt diese unterschiedliche Haltung an unserem unterschiedlichen Erfahrungshorizont. Ich beschäftige mich seit 20 Jahren mit dem Treiben verschiedener Geheimdienste. Und was man dort sieht, was tatsächlich gemacht wird, übersteigt oft das, was in der öffentlichen Diskussion als “Verschwörungstheorie” gebrandmarkt und – meist durch Diskreditieren desjenigen, der darauf hinweist – dann niedergebügelt wird.

Auch die Lügen zur Durchsetzung von geopolitischen Interessen, die überall Gang und Gäbe sind, sowie das Beherrschen der jeweils relevanten Medienkanäle durch das Setzen von Diktion und Narrativ, sprich: das Ausspielen der Deutungshoheit sind mir alles andere als fremd. Beschäftigt man sich einmal damit, so bekommt man ein völlig anderes Bild davon, wie das Machtspiel auf unserem Planeten funktioniert.

Schaut man desweiteren zu, wie Ideologien nicht nur von ihren Ideologen, sondern auch von Profiteuren verbreitet werden, und teilweise über Jahrzehnte politisch relevante Positionen besetzt und bezogen werden, so bekommt man wohl ebenfalls einen anderen Eindruck als wenn man nur die kurzfristigen politischen Bewegungen beobachtet.

Es fällt vielen schwer, langfristigen politischen Bewegungen zu folgen – und das wird selbstverständlich genutzt. Ich mache mal ein aktuelles Beispiel:

Wer hätte es 1996 für möglich gehalten, dass sich Frankreich 20 Jahre später in einem dauerhaften Ausnahmezustand befinden wird, der die in der Verfassung garantierten Bürgerrechte ausser Kraft setzt, von einer Regierung kontrolliert, die sich über Parlamentsabstimmungen hinwegsetzend gegen die Mehrheit der Franzosen stellt, was zu einem Aufleben des Faschismus bis hin zu einer drohenden Mehrheit für die französischen Neonazis der “Front National” führt? Heute entspricht diese Beschreibung der politischen Wirklichkeit in Frankreich.

Über die Totalüberwachung brauchen wir hoffentlich nicht mehr zu streiten. Noch zu Beginn der 2000er Jahre bin ich regelmässig als paranoid hingestellt worden, als ich auf die Projekte in dieser Sache hingewiesen habe, und ich habe aufgehört, zu viel darüber zu sprechen. Als Themen beim CCC hatten wir dann auch andere (z.B. die drohende Internetzensur, begründet ausgerechnet mit Kinderpornografie). Und heute? Heute gehört es zum Allgemeinwissen, dass alles und jeder vollständig totalüberwacht wird. Diskutiert wird, ob es in Ordnung geht, weil ja angeblich so viele “freiwillig” da mitmachen bei Google und Facebook. Ignoriert wird, dass die Leute kommunizieren wollen, und keineswegs die Überwachung wollen.

Was gestern noch Verschwörungstheorie war, ist heute “normal”.

Und glaubst Du wirklich, dass die Brutkastenlüge absurder ist als die Geschichte von Mohammed Atta und den 19 Teppichmessern? Glaubst Du wirklich, dass der Tonkin-Zwischenfall bedenklicher war, als der gefälschte Geheimdienstbericht von Tony Blair?

Jetzt kommt jemand also mit der nächsten Verschwörungstheorie daher. Und mir liegt jede Menge Verschwörungspraxis vor, könnte man sagen. Ist es da verwunderlich, dass ich mir die Theorie erst einmal anhöre? Und auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass sie zutrifft, denjenigen nicht gleich in die Spinner-Ecke stelle, der sie vorträgt?

Nehmen wir mal als Beispiel die beliebten Chemtrails, eine Theorie, derentwegen man sicher in der öffentlichen Diskussion unten durch ist, sobald man auch nur in ihre Nähe gerückt werden kann. Gerne spiele ich hier mal den Ketzer:

Die meisten Leute halten das ja für reinen Blödsinn, dass es ein solches Programm geben könnte. Tatsächlich ist jedoch der Fall, dass ein entsprechendes Programm existiert, und es wird in Erwägung gezogen, es umzusetzen, siehe z.B. dieses Interview hier.

Der Redner ist der jetzige CIA-Chef John O. Brennan auf einer Veranstaltung des Council on Foreign Relations. Nun hat mich interessiert, ob er den in der Übersetzung dargestellten Text (auf englisch natürlich) tatsächlich so gesagt hat. Und ja, er hat:

Another example is the array of technologies—often referred to collectively as geoengineering—that potentially could help reverse the warming effects of global climate change. One that has gained my personal attention is stratospheric aerosol injection, or SAI, a method of seeding the stratosphere with particles that can help reflect the sun’s heat, in much the same way that volcanic eruptions do.

An SAI program could limit global temperature increases, reducing some risks associated with higher temperatures and providing the world economy additional time to transition from fossil fuels. The process is also relatively inexpensive—the National Research Council estimates that a fully deployed SAI program would cost about $10 billion yearly.

As promising as it may be, moving forward on SAI would raise a number of challenges for our government and for the international community. On the technical side, greenhouse gas emission reductions would still have to accompany SAI to address other climate change effects, such as ocean acidification, because SAI alone would not remove greenhouse gases from the atmosphere.

On the geopolitical side, the technology’s potential to alter weather patterns and benefit certain regions at the expense of others could trigger sharp opposition by some nations. Others might seize on SAI’s benefits and back away from their commitment to carbon dioxide reductions. And, as with other breakthrough technologies, global norms and standards are lacking to guide the deployment and implementation of SAI.

Und jetzt? Werden wir uns nun bei all den “Chemtrails-Aluhüten” entschuldigen?

Ich muss das nicht. Wenn ich von solch einer Sache höre, so halte ich mich zurück mit einer Bewertung. Ist sie interessant genug, so recherchiere ich sie.

Dass hier nicht alle Fluggesellschaften involviert sind, das zeigt deren Interessenlage. Aber gleich die Existenz eines solchen Programmes abzustreiten? Da hab ich schon verrücktere Dinge gesehen.

Und Du?

publiziert Sat, 16 Jul 2016 14:35:03 +0200 #schlapphüte

Kommentieren…

Zurück zum Blogindex