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Was außer Investitionsschutz spricht eigentlich gegen TTIP?Die neue Geopolitik – Neuordnung des Mittleren Ostens und Chance einer multipolaren Weltordnung

TTIP und das “Bankenretten” haben eines gemeinsam: sie sind Bausteine im Umbau Europas.

Die Welt, die die marktradikal-neoliberalen Ideologen anstreben, zeichnet sich ab. Ihre Mittel verraten sie: denn das “Bankenretten” und TTIP sind beides Bausteine, mit denen Europa ganz offensichtlich auch gegen jeden Widerstand umgebaut werden soll.

Demokratie ist für sie nicht erstrebenswert. Im Gegenteil: “Demokratie ist überbewertet” titelte vor noch nicht allzu langer Zeit Rainer Hank, Chef der Wirtschafts- und Finanzredaktion der “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung”. Entsprechend sind auch alle Ihre Umbauten antidemokratisch. Darin gleichen sich der “Investorenschutz” von TTIP und die “Rettung Griechenlands” – die ausschliesslich Banken und nicht etwa Menschen rettet. Ein solches vollkommen undemokratisches Europa hat Karel de Gucht im Kopf, wenn er als Kompromissvorschlag den Staaten noch ein (freilich begrenztes) “Recht auf Regulierung” einräumen möchte – trotz der Vorherrschaft der Interessen der verbrämt “Investoren” genannten Kapitalbesitzer.

Es ist nichts weniger als die Machtübernahme des Geldes über die Demokratien. Man will die Staaten nicht auflösen, sondern allesamt dem Diktat der Reichen unterwerfen. Das ist selbstverständlich mit Demokratien nicht zu machen. Also müssen sie weg.

Wenn das Geld regiert, wird automatisch die Käuflichkeit zur Doktrin. Denn das Geld kann schliesslich nur über die Käuflichkeit Wirkung entfalten. Entsprechend muss alles käuflich werden. Das ist der Grund für die “Privatisierungen”. Es ist der Grund für die grassierende Korruption – die marktradikalen Ideologen nehmen das offensichtlich nicht einmal als Problem wahr, ist für sie Käuflichkeit doch nichts anderes als Machtausübung, und immer legitim.

Tatsächlich ist die Abgrenzung von (gewolltem) Kapitalismus und (ungewollter) korrupter Käuflichkeit eine willkürliche Setzung. Jemand entscheidet, was in Ordnung geht, wenn Käuflichkeit besteht, und was nicht. Was aber, wenn dieser jemand das Geld selbst ist? Wo kann für das Geld die Käuflichkeit je ein Problem sein? Doch nur dort, wo es keine Position im Markt hat.

Womit wir beim nächsten Baustein wären, dem sogenannten “Freihandel”. Ein “Freihandel”, der Verträge mit zehntausenden Seiten benötigt, um haarklein zu regulieren, wovon niemand mehr abweichen darf – wie bei TTIP. Hier wird das Gebot festgelegt, dass die Herrschaft des Geldes umfassend, holistisch, aber auch alles durchdringend ist. Hier werden wie mit der sogenannten Ratchet-Klausel Verbote erteilt, die Käuflichkeit von grundlegender Infrastruktur beginnend mit der Wasserversorgung je wieder rückgängig zu machen.

Wie kann man jedoch die Demokratien abschaffen, und die Staaten unterwerfen, ohne dass es zu Aufständen kommt? Das Mittel der Marktradikalen ist hierbei nicht die Revolution, sondern die Korruption. “Geheimverhandlungen” sind es, die TTIP treiben. Hier verhandeln vom Grossen Geld bezahlte Lobbyisten mit einzelnen Politikern und deren Referenten und Günstlingen darüber, wie der Umbau vonstatten gehen kann. Da momentan noch solche Verhandlungen sicher nicht öffentlich geführt werden können, führt man sie klandestin. Dass sie jedoch bereits heute überhaupt geheim bleiben können, zeigt, wie sehr der parlamentarische Apparat bereits bankrott ist. Es findet sich nicht ein einziger Parlamentarier im Europaparlament, der auf unbeschränktem Zugang zu diesen Informationen besteht. Dem Deutschen Bundestag wird sogar angeboten, er können sich verschiedene Papiere in der US-Botschaft anschauen – sofern die eigentlichen Machthaber diesen Teil der “Verhandlungen” überhaupt zeigen wollen. Aber nicht einmal die Linkspartei, die all diese unhaltbaren Zustände anprangert, findet den Mut, und geht mit einem Fernsehteam dahin, nur um sich dann rausschmeissen zu lassen. So wäre wenigstens öffentlich, dass die Parlamente längst – wie im Falle des Bundestages – zu einem grossen Teil, oder – wie im Falle des Europaparlaments – vollständig entmachtet sind.

Falls man noch ein solches Fernsehteam findet. Denn es würde ja gesammelt den Job riskieren. Die Gleichschaltung der Qualitätsmedien wurde hier im Blog und anderswo bereits ausführlich thematisiert. Wie man klar erkennen kann, gibt es so gut wie gar keine Zeitung, so gut wie gar keinen Fernsehsender mehr, der noch in der Lage ist, die Unterwerfung der Demokratien zur Primetime und auf den Titelseiten anzuprangern. Niemand der Chefredaktionen, niemand bei der Intendanz dort ist Demokrat genug, die Abschaffung der Demokratien in Europa prominent zu skandalisieren und anzuprangern. Im Gegenteil, Journalisten wie Harald Schumann, die das tatsächlich tun, wird zwar im Tagesspiegel noch Platz eingeräumt, aber schon in den öffentlich-rechtlichen Medien bekommt er Abschiebeplätze auf den hinteren Rängen. Wissentlich und absichtlich führt die Primetime-Journaille von Tagesschau und Heute, von Tagesthemen und Heutejournal die Demokratie in den Abgrund. Sie schwelgt in Hofberichterstattung, wo Kritik nötiger denn je wäre. Freiwillig und offenen Auges machen diese Ex-Journalisten sich selbst zu Herolden der neuen Herrscher.

Der Parlamentarismus in Europa ist bankrott. Kann er gerettet werden?

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