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Spanien schafft offiziell die Meinungsfreiheit abGregor Gysi am 29. April 1998 im Bundestag in der Debatte zur Euro-Einführung

“Wir Deutschen haben also wieder mal die Arschkarte” wird hier gesagt

Der Kommentator “pandora70” bezieht sich auf den Griechenland-Konflikt, schlägt aber einen viel weiteren Bogen:

Das sich schuldig Fühlen, ist für uns Deutschen mittlerweile zu einem indentitätsstiftenden Merkmal geworden. Angefangen mit der Schuldlast aus zwei Weltkriegen, über die Schuldlast ungebremster Umweltzerstörung, bis zur allerletzten Hungerkatastrophe am entferntesten Teil des Arsches der Welt, für die wir uns schuldig fühlen, ohne geht es nicht mehr.

Jetzt ist natürlich auch die “Krise” in Griechenland eine prima Gelegenheit, ein wenig Schuldbewußtsein abzuzweigen und die Sau raus zu lassen.

Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie man, wenn man nicht differenziert, zu unsinnigen Ergebnissen kommt.

Deutschland ist zweifelsfrei Schuld am zweiten Weltkrieg, nicht jedoch am ersten. Am ersten trägt es – zusammen mit vielen anderen, eine Mitschuld.

Sofern man überhaupt von einer Schuld eines Landes (oder gerne auch eines Volkes) reden kann. Schuld in diesem Sinne ist sinnvollerweise etwas Subjektives; Schuld tragen also die Entscheidungsträger damals sowie die Leute, die sie politisch unterstützt (gewählt, bejubelt, ideel mitgetragen, etc.) haben, oder das einfach gleichgültig zugelassen. Alle anderen tragen keine individuelle Schuld.

Was man aus solchen Vorfällen ableitet, ist Verantwortung. Dass es in Deutschland zweimal möglich war, einen Weltkrieg mit zu verursachen oder sogar zu verursachen, legt jedem vernünftigen Deutschen nun die individuelle Verantwortung auf zu verhindern, dass das je wieder passiert. Jedem vernünftigen, denn wer die Augen verschliesst vor dem neuen Militarismus, macht sich ja wieder mitschuldig.

Es geht also um verantwortliches Handeln durch Lernen aus der Geschichte. Bin ich als Deutscher mitschuld am ersten Weltkrieg oder schuld am zweiten? Nein, bin ich nicht. Ich habe das damals nicht mitgetragen. Eine Erbschuld ist Unsinn. Bin ich mit verantwortlich, dass sowas nicht mehr passiert? Oja, das bin ich. Das ist nämlich jeder. Und wenn wir Deutschen so leicht in den Krieg zu treiben waren, dann werde ich besonders aufpassen, dass das nicht mehr vorkommt. So komme ich meiner Verantwortung nach – was auch nötig ist, immerhin fangen die Deutschen “Eliten” schon wieder damit an, siehe den Neuen Kalten Krieg gegen Russland, die “Auslandseinsätze” bis zum “Verteidigen Deutschlands am Hindukusch” etc.

Übrigens wäre das etwas, worauf ich stolz auf mein Volk sein könnte, wenn wir es diesmal verhindern, dass wir uns wieder so leicht in Kriege treiben lassen – weil wir Deutschen nämlich wach sind, und aus der Geschichte gelernt haben. Dann könnte ich mit Fug und Recht sagen, wir Deutsche sind ein grossartiges Volk.

Ich hoffe sehr, dass das diesmal passiert!

Und, lasst mich das noch anmerken: ich möchte mich aus demselben Grund nicht gegen meine griechischen Nachbarn hier in Europa aufhetzen lassen, wie ich das nicht gegen meine russischen möchte. Wir müssen endlich lernen, in Frieden zusammen zu leben. Diese ganzen, von interessierter Seite künstlich erzeugten Konflikte sind falsch.

Ich kenne ein paar Russen, und die sind schwer in Ordnung. Ich habe Freunde in Griechenland. Sind meine Freunde nun korrupt und Betrüger? Nein, sind sie nicht, genauso wenig wie die Russen, die meine Freunde sind, mir jemals feindlich gegenüber gestanden hätten.

Weshalb soll ich dann alle Griechen nur noch verächtlich behandeln, und alle Russen ständig als Feind sehen? Ich werde das auf keinen Fall tun. Denn auf persönlicher Ebene miteinander auszukommen, und die Politik abzulehnen, die das verunmöglichen will, ist der wichtigste Schritt zum Frieden.

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