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USA: Mehr Tote durch Opium-basierende Medikamente als durch Autounfälle und Selbsttötungen zusammenErstellte Jerzy Montag dem Bundestag ein ungenügendes Gutachten?

Frankreich im Wahljahr: Ein neuer Geist von ’68

Wir haben es mit einer gravierenden Wahrnehmungsstörung zu tun. Emmanuel Macron hat überhaupt nichts Modernes an sich. Er verkörpert die bürgerliche Utopie einer technokratischen „Gouvernementalität“, die die eigentliche Politik verschwinden lässt. Er verkörpert die Aufhebung von links und rechts. Neoliberale Experten treffen „rationale“ Entscheidungen, Formen des Widerstandes oder der sozialen Bewegung gelten ihnen als ein Irrsinn der archaischen Linken. (Man sieht das alte Schema der Konservativen: „Rationalität“ und Expertise stehen gegen die „Irrationalität“ der Massen.) Parlamentsdebatten gelten als ein lästiges Hemmnis der politischen Handlungsfähigkeit. Macrons Aussagen dazu sind alarmierend. Sie verdeutlichen sein Demokratieverständnis: Die „notwendigen“ Reformen des Arbeitsrechts sollen erlassen und nicht mehr von der Nationalversammlung beschlossen werden, damit alles schneller gehen kann, soll es keine Parlamentsdebatte mehr geben.

Was für ein rhetorischer Gewaltakt ist es da, Macron als „Progressiven“ hinzustellen? Was er wirklich will, ist eine konservative Restauration, er will die Errungenschaften aus einhundert Jahren sozialer Kämpfe kassieren: das Arbeitsrecht, die Versicherungen für Arbeitslosigkeit, Krankheit und Rente. Pierre Bourdieu sprach schon 1996 davon, dass die „neuartige konservative Revolution (...) den Fortschritt, die Vernunft und die Wissenschaft (in diesem Fall die Ökonomie) in Anspruch nimmt, um die Restauration zu legitimieren und das progressive Denken und Handeln für archaisch zu erklären“.

Man muss es klar sagen: Es ist diese Art der Weltwahrnehmung und des Regierens, die dem Front National die Wähler zutreibt. Die Opfer der Wirtschaftskrise und der „Reformen“, die nie kritisiert und immer nur ertragen werden sollen, lehnen sich gegen die Regierenden und ganz allgemein die Politiker auf, die ihre Lebensumstände auf so brutale Weise beschädigen.

4. In diesem Sinn sind Macron und Le Pen miteinander solidarisch. Sie führen eine Koexistenz, sie bilden die beiden Pole desselben Systems. Die Art der Politik, wie Macron sie geradezu karikaturistisch verkörpert, bringt den Front National nach oben. Heute appelliert man an uns, Macron zu wählen, um damit ein Phänomen einzudämmen, für das Leute wie er doch maßgeblich verantwortlich sind! Wenn Macron im Mai zum Präsidenten gewählt wird, dann bekommt Le Pen beim ersten Wahlgang in fünf Jahren wahrscheinlich über 40 Prozent. Dynamisch gesehen wählt man also mit Macron schon heute Le Pen.

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